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Zählbare Erscheinungen des menschlichen Lebens


Stadtteil: Charlottenburg
Bereich: Bahnhof Westend, 500 Meter Umkreis
Stadtplanaufruf: Berlin, Kollatzstraße
Datum: 19. Oktober 2022
Bericht Nr.:788

In einem Radius von 500 Metern um den Bahnhof Westend herum kann man an den Baudenkmalen ablesen, wie die Ansiedlung am Schloss Charlottenburg sich in Richtung auf das Villenviertel Westend ausdehnte. In den Fokus kommen dabei der Luisenkirchhof II (1867), der Bahnhof Westend (eröffnet 1877), die Königliche Gipsformerei (1890) sowie die Kasernen Soorstraße (1896, 1940). An Wohnbauten sind als Baudenkmäler ein Gartenhaus (1884) und ein Mietshaus am Spandauer Damm (1897) zu nennen, die Wohnanlage Kollatzstraße folgte 1929.

Pferdeeisenbahn und Kaiserbahnhof
Die "Berliner Pferdeeisenbahn-Gesellschaft" hatte den Betriebshof für ihre erste Pferdebahnlinie 1835 am Spandauer Damm errichtet. Vom heutigen S-Bahnhof zum Spandauer Berg hinauf mussten 20 Höhenmeter überwunden werden, das nahm die Pferdebahn erst 1871 in Angriff, als die Villenkolonie Westend sich entwickelte. Die 1877 eröffnete Ringbahnstation Westend bekam sieben Jahre später ihren repräsentativen Bahnhofsbau neben den Gleisen, "Kaiserbahnhof" genannt nach dem Architekten Heinrich Kayser. Nach der Wende wurde aus Stahl und Glas ein neuer Bahnhofszugang zwischen die Gleise gesetzt, der wie ein Flugzeugterminal an das alte Gebäude andockt, das dann als Künstlerbahnhof "zweckentfremdet" wurde.

Nofretete auf dem Wohnzimmer-Sideboard
Gipsabdrücke von Originalwerken als Anschauungsmaterial für Bildhauer sind seit dem Altertum geläufig. Dass man sich Abgüsse antiker Werke als Repräsentationsstücke kaufen kann, ist der 1819 gegründeten "Königlich Preußischen Gipsgussanstalt" zu verdanken. Wollen Sie eine Nofretete auf die heimische Anrichte stellen? Sie wären damit in guter Gesellschaft, beim Kunstmäzen James Simon hat sie sieben Jahre lang -sogar als Original - das Wohnzimmer geschmückt.


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James Simon hatte die Grabungen finanziert, bei denen 1912 der Archäologe Ludwig Borchardt die farbige Büste ausgegraben hat. Rechtmäßig stand Simon die Hälfte der Ausgrabung zu, so kam die Nofretete 1913 nach Berlin. Im Jahr 1920 schenkte Simon sie dem Museum, in der Zwischenzeit hatte sie einen Platz auf seiner Anrichte. Die Kunstwissenschaftlerin Bénédicte Savoy hat die Vorgänge von der Ausgrabung bis zum Streit um die Rückgabe recherchiert und unter dem Titel "Eine deutsch-französische Affäre" veröffentlicht.

Königliche Gipsformerei
König Friedrich Wilhelm III. hat 1819 die Gipsformerei gegründet, erster Leiter war der Bildhauer Christian Daniel Rauch. Nach mehreren Zwischenstationen bezog die Gipsformerei 1890 ihr eigenes Domizil nur wenige Schritte vom Spandauer Damm entfernt in der Sophie-Charlotten-Straße. Als Fassadenrelief zeigt das Gebäude stolz einen Löwen von der Prozessionsstraße des Ischtar-Tors.


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Parallel zur Entwicklung der Berliner Museen hat die Gipsformerei ihr Sammlungsgebiet ständig erweitert, ihr Bestand umfasst heute über 7.000 Modelle. Dazu gehören Funde Trojas von Heinrich Schliemann, die Laokoon-Gruppe und anderer Werke der klassischen Antike, der Pergamon-Altar, die Kunst Ägyptens, mittelalterliche Werke wie der Bamberger Reiter, Schlüters Großer Kurfürst, Schadows Prinzessinnengruppe, der Denker von Rodin.

Die Abformung des Originals mit Gips ist die traditionelle Technik. Die in der Negativform ausgegossene Figur aus Alabaster-Gips muss noch geschliffen und nachbearbeitet werden. Heute werden Originale meist mit Silikon abgeformt, das elastisch ist, aber als Form alle zehn Jahre erneuert werden muss. Die Entwicklung, vieles mit dem 3D-Drucker herzustellen, ist auch an der Gipsformerei nicht vorbeigegangen. Allerdings ist das Verfahren aufwendig und teuer. Dabei wird das Original berührungslos mit einem Scanner erfasst und per Software an den Drucker weitergegeben, der den "Abguss" Schicht für Schicht aufbaut.

Nach dem Abguss wird die Oberfläche des Originals "malerisch nachempfunden". Dabei geht es um den Farbauftrag, aber auch um die Imitierung der Oberflächenstruktur wie Marmor, Stein, Holz, Metall. Welche Bedeutung Gipsformen bekommen können, kann man am Beispiel der Quadriga auf dem Brandenburger Tor sehen. Sie war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Bei der Wiederherstellung half ein Abdruck, den der Bildhauers Johann Gottfried Schadow 1793 hergestellt hatte.

Kasernen Soorstraße
Die Soorstraße ist nach einem Schlachtenort von 1745 benannt. Friedrich der Große, der seine Regentschaft gleich kriegerisch beginnen musste, hatte in Soor während des Zweiten Schlesischen Kriegs die Österreicher besiegt. Trotzdem konnten diese die Kriegskasse erbeuten und damit das Weite suchen. Wenn 150 Jahre später an der Soorstraße Militärgebäuden errichtet wurden, dann ist das eine zufällige Koinzidenz ohne inhaltlichen Zusammenhang zu dieser Schlacht.

In der Soorstraße wird die militärische Vergangenheit von Charlottenburg sichtbar. Wieder geht es um Friedrich den Großen, der gegenüber dem Schloss Charlottenburg das Regiment der Gardes du Corps etabliert hatte. Es war eine Elitetruppe und gleichzeitig die Leibwache des Königs. Die Gardes-du-Corps-Straße hält die Erinnerung daran wach. Sie führt auf den Klausenerplatz, den Reitplatz des Regiments. Die Offizierskasernen der Gardes du Corps wurden an der Schloßstraße erbaut ("Stülerbauten"), sie dienen heute als Museen.

Königin-Elisabeth-Garderegiment
An der Neufertstraße stand die Reithalle des Königin-Elisabeth-Garderegiments Die Kasernen des Regiments wurden 1896 an der Soorstraße südlich des Spandauer Damms errichtet. Es sind Backsteinbauten mit Renaissance-Elementen. Am Bahnhof Westend hatte das Regiment einen eigenen Bahnsteig, zu dem es von der Soorstraße aus marschieren konnte. Das "königliche Casernement" erstreckt sich vierhundert Meter entlang der Soorstraße nach Süden.


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Dazu gehört der 1939 vom Reichsluftfahrtministerium gebaute Komplex des Wachbataillons der Luftwaffe Berlin. Im Süden des Kasernengeländes wurden der Offiziers-Reitstall, das Exerzierhaus und zwei Wohnhäuser für verheiratete Unteroffiziere im Krieg zerstört, dort hat die Rentenversicherung ein Bürogebäude errichtet.

Im Innenhof des Kasernengeländes ist ein Kriegerdenkmal des Königin Elisabeth-Garde-Grenadier-Regiments aufgestellt. Auf dem Sockel ein vorwärtsschreitender Soldat mit Kaiser-Wilhelm-Bart. In seiner linken Hand hält er eine Fahne, in seiner rechten hielt er einen nicht mehr vorhandenen Säbel. Vier Bronzetafeln am Sockel zeigen die Regimentspatin Königin Elisabeth und Szenen von (natürlich gewonnenen) Schlachten von Königgrätz, Sedan und Paris. Ein weiteres Gefallenen-Denkmal dieses Regiments aus Muschelkalkstein steht im Lietzenseepark.

In dem Gebäude des Garderegiments hat ein buddhistisches Zentrum seinen Sitz genommen. Sein Name “Rigpa” ist tibetischer Herkunft, es bedeutet “Intelligenz”, verstanden als “die innerste Natur des Geistes”. Schirmherr ist der Dalai Lama.

Der Bau des Wachbataillons wird vom Technischen Hilfswerk (THW) genutzt. Das THW ist eine Bundesanstalt, die bei Katastrophen und in Gefahrenlagen tätig wird, bei Unglücksfällen, Hochwasser, Rettung Verschütteter, Trinkwasseraufbereitung, Überbrückung von Versorgungsengpässen. Die Widmung der Skulptur am Podest vor dem Hauseingang "Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde" würdigt die grenzenlose Hilfsbereitschaft seiner Mitarbeiter, der militärische Heldentod ist damit nicht gemeint. Es handelt sich um ein biblisches Zitat, Johannes 15:13.

Wohnsiedlung Kollatzstraße
Nördlich des Luisenfriedhofs, zwischen Crusiusstraße und Lerschpfad, hat Hermann Muthesius 1929 eine Reformwohnsiedlung für die Charlottenburger Baugenossenschaft errichtet. Zwischen den Häuserblocks wurde die in geschwungener Form verlaufende Kollatzstraße neu angelegt. Der Sockelbereich der Häuser ist aus Backstein gemauert, die Fassadenflächen sind verputzt und mit waagerechten Bändern gegliedert. Die Hauseingänge und Treppenhäuser bis unters Dach zeigen fantasievolle Backsteinmotive. Die Bauten am Lerschpfad liegen direkt im Geräuschpegel der Stadtautobahn, die Kollatzstraße ist dagegen ein ruhiger Wohnbereich.


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Luisenfriedhof II
Der Friedhof liegt in einer Vertiefung, angrenzend an das Bahngelände Westend. Dort waren vorher die "Sandgruben am Spandauer Berg", der Sand wurde als Baumaterial abgebaut. Eine Choleraepidemie 1831 führte dazu, dass man in der Grube einen Seuchenfriedhof anlegte, der 1867 zu einem beständigen Friedhof wurde. Es war nach dem Luisenfriedhof an der Guerickestraße der zweite Bestattungsplatz der Luisengemeinde. Später folgte am Fürstenbrunner Weg der Luisenfriedhof III. Alle Friedhöfe sind es wert, wegen ihrer Grabanlagen und der Lebensgeschichte der dort Beerdigten besucht zu werden.

Bei jedem Friedhofsbesuch kommt auch die veränderte Bestattungskultur in den Blick, wodurch Teile der Friedhofsflächen überflüssig werden oder Friedhöfe ganz geschlossen werden müssen. Erbbegräbnisse verfallen, Beisetzungen erfolgen "still" (ohne Trauerfeier), anonym (ohne Kennzeichnung des Grabes) oder in Gemeinschaftsgräbern (mit Namensnennung). Friedhofsverwaltungen bieten Erbbegräbnisse als Gemeinschaftsgräber an, auf den Flächen vor den historischen Grabdenkmalen werden Urnengräber oder Gemeinschaftsgräber eingerichtet. So sehen wir es heute auch beim Luisenfriedhof II, wobei die Erbbegräbnisse zum großen Teil verfallen sind.

Friedhöfe waren früher mehrfach städtebaulichen Projekten im Wege, für Bahnlinien und Stadtautobahnen mussten Begräbnisplätze aufgegeben werden. Beispiele aus früheren Stadtrundgängen sind der Stätische Friedhof nahe Innsbrucker Platz, der Friedhof Grunewald in Halensee, die Friedhöfe am Halleschen Tor, der Luisenfriedhof III am Fürstenbrunner Weg. Und auch der Luisenfriedhof II in Westend hat zweimal Flächen aufgeben müssen. Die den Bestattungsplatz westlich begrenzende Königin-Elisabeth-Straße wurde in den 1960er Jahren um 14 Meter verbreitet, und die Stadtautobahn entlang der Bahntrasse hat auf der Ostseite Friedhofsflächen vernichtet.

Lassen Sie uns auf die Lebensgeschichten der Menschen schauen, die hier im Tod versammelt sind. Den Kunsthistoriker und Generaldirektor der Berliner Museen Wilhelm von Bode, der auf dem Luisenfriedhof seine letzte Ruhe gefunden hat, muss man nicht extra vorstellen, das Bodemuseum ist weltweit bekannt.

Johann Friedrich und Karoline Puls
Stiftungen gibt es in Berlin schon fast so lange wie die Stadt selbst. Auf das Jahr 1237 wird die Stadtgründung offiziell datiert, bereits wenige Jahrzehnte später - 1272 - wurde das Heilig-Geist-Spital gegründet, das als Stiftung für Arme, Kranke und Hilfsbedürftige sorgte. Die Kirchen und Klöster kümmerten sich für Gotteslohn - also ohne Bezahlung - um Bedürftige. Erst sehr viel später nahm das selbstbewusste Bürgertum die Gründung von Hospitälern selbst in die Hand und noch länger dauerte es, bis der Staat sich für die Sozialfürsorge verantwortlich fühlte. Zu den Mäzenen gehört das Ehepaar Johann Friedrich und Karoline Puls, das sein gesamtes Vermögen - Grundbesitz und 2,3 Millionen Mark Kapital - an die Stadt vererbte, um eine "Altersversorgungsanstalt für Arbeitsunfähige" zu errichten. Wie das Ehepaar das Kapital erworben hat, wird von keiner zugänglichen Quelle genannt, nur dass die Stadt davon über eine Stiftung ein Altersheim für 150 Personen einrichtete. In der Pulsstraße, die nach den Mäzenen benannt wurde.

Bernhard Sehring
Auf dem Friedhof sind die Architekten Otto March und Werner March und wohl auch Bernhard Sehring bestattet. Sehring, der unter anderem in der Kantstraße das Theater des Westens, das Delphi-Kino und in der Fasanenstraße das Künstlerhaus St. Lukas errichtet hat, schuf für sich auf seinem Sommersitz Roseburg bei Ballenstedt (Harz) einen letzten Ruheplatz, wo seine Urne jedoch später verschwunden ist. Ein Grab auf dem Luisenfriedhof soll es geben, wir konnten es nicht finden, leider hat die Friedhofsverwaltung keinen Aushang mit wichtigen Grabstellen.

Richard Boeckh
Am Grabdenkmal des Statistikers Richard Boeckh in der Reihe der Erbbegräbnisse kann man nicht vorbeigehen. Zwei ausdrucksvolle Figuren als Flachreliefs fassen die rechteckige Rückwand mit den Namen der Familienmitglieder ein. Boeckh war einer der bedeutendsten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Statistik. Nach seiner Methode errechnen die statistischen Ämter "alle zählbaren Erscheinungen des menschlichen Lebens".


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Auch die Sterblichkeit, die für staatliche Prognosen über die Bevölkerungsentwicklung genauso wichtig ist wie für die Risikoeinschätzung von Lebensversicherungen. Das Statistische Jahrbuchs der Stadt Berlin, das Fakten der Stadt in Zahlen fasst, hat Boeckh 1876-1902 herausgegeben. Und "größtenteils selbst geschrieben", lese ich in einer Biographie, gemeint hat man dort aber wohl "selbst verfasst", denn die Zahlen kamen aus der Realität und nicht aus der Feder.

Adolf Slaby
In der Wissenschaft muss auch einmal ein Versuch richtig schiefgehen. Das hat der "geniale Experimentator" Adolf Slaby erlebt, der als Hochschullehrer den ersten Lehrstuhl für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Berlin - der TU-Vorgängerin - aufgebaut hatte. Er baute 1897 eine drahtlose Funkstrecke auf, auf der die Funken flogen, denn tatsächlich hatte er dazu ein künstliches Gewitter erzeugt. Zwar konnte er die 500 Meter entfernte Gegenstelle erreichen, dafür fielen in der Gegend alle Telefonverbindungen aus.

Der technikbegeisterte Kaiser Wilhelm II. stellte Slaby die Königlichen Gärten von Potsdam für weitere Experimente zur Verfügung. Dort konnte er vom Turm der Sacrower Heilandskirche eine drahtlose Funkverbindung über 1,6 Kilometer herstellen und schließlich von Rangsdorf bis zum Tempelhofer Feld eine Distanz von 21 Kilometern funktechnisch überbrücken. Wie acht andere Professoren, die der Friedhofsführer Willi Wohlberedt gezählt hat, ruht Slaby in guter Gesellschaft auf dem Luisenfriedhof.

Alfred Schrobsdorff
Eine der großspurigsten Grabanlagen aus schwarzem Marmor hat Alfred Schrobsdorff für sich bauen lassen, der "Baukönig von Charlottenburg". Er war ein umtriebiger Bauspekulant, seine Bauprojekte sind über den ganzen Bezirk verteilt. Beispielsweise ließ er im Dreieck von Zillestraße, Fritschestraße und Hebbelstraße Miethäuser errichten, die schnell die ersten Senkungsrisse zeigten. Mehrere mussten abgerissen werden, noch bevor wegen des U-Bahnbau das ganze "Nassen Dreieck" zu versinken drohte. Am Klausenerplatz, an der Seelingstraße und Danckelmannstraße stehen weitere seiner Bauten. Mit seiner Terraingesellschaft entwickelte er "Neu-Westend" westlich der Reichsstraße.

von Schaefer-Voit
Die Familie Schaeffer-Voit hatte auf dem Luisenfriedhof einen abgegrenzten Privatfriedhof, der der Stadtplanung zum Opfer gefallen ist. Lediglich ein Gedenkstein erinnert noch an diesen Bestattungsplatz. Schaefer-Voit (mit einem f, wie er richtig hieß) hatte sich auf Ruhwald oben am Spandauer Berg ein Schloss erbauen lassen. Und einen Park anlegen auf einer Fläche, die dem Kleistpark in Schöneberg entspricht. Doch sein Leben ist dem biblischen Hiob vergleichbar. Seine vier Söhne starben vor ihm. Einen Sohn auf Ruhwald zur letzten Ruhe zu betten, wurde ihm versagt. Sein Leben als Verleger und als Schlossherr war durch Rückschläge geprägt, sein Name auf dem Grabstein ist falsch geschrieben und in der digitalen Welt (Wikipedia, Deutsche Biographie) ist er – obwohl prominenter, geachteter und geadelter Bürger - nicht vertreten.

Hedwig Heyl
Auf dem Luisenfriedhof wurde viele Bewohner Westends bestattet. Dazu gehört die Familie des Farbenfabrikanten Georg Heyl, die in der Ulmenallee wohnte. Das Mausoleum, in dem auch die Ehefrau Hedwig Heyl beerdigt ist, steht am westlichen Ende der Erbbegräbnisse. Hedwig Heyl war eine bedeutende, aber politisch umstrittene Frauenrechtlerin. Sie rief die erste Haushaltungsschule und die erste Gartenbauschule für Frauen ins Leben und gehörte zu den Gründerinnen des Deutschen Hausfrauenbundes. Als Vorsitzende des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft versuchte sie, Mischehen der Deutschen in den Kolonien mit Einheimischen ("Verkafferung") zu verhindern und stattdessen "Frauen für die Kolonisten auszusuchen und geeignetes Mädchenmaterial zu verschicken". Meine Großtante hat in Deutsch-Südwestafrika (Namibia) einen Deutschen geheiratet, sie war das geeignete Mädchenmaterial.

Liselotte Richter
Richter war Philosophin und Theologin und eine Grenzgängerin zwischen Ost und West im Nachkriegs-Berlin. Sie wirkte als Bezirksstadträtin für Bildung und Kultur in Charlottenburg. 1948 wurde sie als erste Frau in Deutschland an der Humboldt-Universität Professorin für Philosophie, nachdem sie sich dort habilitiert hatte. Allerdings drängte man sie nach drei Jahren aus der Philosophischen Fakultät und gab ihr bei den Theologen eine Professur und den Lehrstuhl für Religionsphilosophie – als erste Wissenschaftlerin in Deutschland. 1965 erhielt sie die Ehrendoktorwürde.

Liselotte Richter wohnte in Westend. Sie war Grenzgängerin, pendelte aus dem West-Berliner Bezirk Charlottenburg zum Arbeitsort Ost-Berlin und setzte das auch nach dem Mauerbau fort. Es gab einige Intellektuelle, die im Westen wohnten und im Osten arbeiteten. Durch den Mauerbau wurde das Grenzgängerwesen nicht komplett stillgelegt, allerdings bedurfte es schon eines besonderen Ansehens oder einer besonderen Wichtigkeit, um nach dem Mauerbau weiter zu wechseln. Sieben Jahre nach der Teilung der Stadt starb Lieselotte Richter und wurde auf ihrem "Heimat-Friedhof" Westend beigesetzt.

Harry Walden
Schauen wir zum Schluss auf den Grabspruch, mit dem der Schauspieler Harry Walden geehrt wird:
___Das Geheimnis der Liebe ist größer
___als das Geheimnis des Todes.

Doch wer kann das bestätigen? Noch niemand hat beides ausprobiert.
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Unsere Route:
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Starke Frauen und Automobile
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