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DDR-Botschaftsviertel in Pankow


Stadtteil: Pankow
Bereich: Tiroler Viertel, Nordisches Viertel
Stadtplanaufruf: Berlin, Esplanade
Datum: 25. März 2013



Bei unserem Spaziergang durch das Tiroler Viertel sind wir auf den Panke-Wasserfall gestoßen, anschließend ging es zu den Ost-Berliner Botschafts-Plattenbauten.

Falling Water an der Panke

In der Nähe von Pittsburgh in Pennsylvania hat Frank Lloyd Wright ein Wohnhaus über einem Wasserfall gebaut. Von der japanischen Architektur inspiriert, schuf er einen fast stützenfreien Innenraum, dessen große Fenster ihn mit dem umgebenden Wald verbinden. "Ich möchte, dass Sie mit dem Wasserfall leben, nicht, dass Sie ihn bloß anschauen" war seine Botschaft an den Bauherrn. Den Wasserfall, über dem das Haus steht, kann man nur von außen sehen, im Haus aber hört man "die Musik des Baches". Natürliche Materialien wurden im Innenraum verwendet, einige Felsblöcke sind in den Fußboden integriert. Umlaufende Balkone und Außentreppen stellen die Verbindung zur Natur her, dagegen ist der Hauseingang relativ klein und unscheinbar. 26 Jahre lang war das Haus bewohnt, heute ist es ein Museum der Organischen Architektur.

Design und Architektur haben einen Januskopf: Die schöpferische Idee, die bewundert wird, ist die eine Seite, die Umsetzung und praktische Nutzbarkeit ist die andere. (Wer jemals sein Badezimmer mit Objekten von Colani ausgestattet hat, weiß, dass Designer manchmal Funktionalität gänzlich übersehen). Manche Architektur-Ikone wird mehr von der Idee als von der Bewohnbarkeit her bewundert, auch Fallingwater blieb nicht ohne Probleme. Die überhängenden Balkons und Terrassen hatten einen zu geringen Stahlanteil im Beton und bekamen deshalb statische Probleme. Einen vorausschauenden Hinweis des Bauunternehmers hatte Frank Lloyd Wright zurückgewiesen, trotzdem hatte der Baubetrieb die Menge an Bewehrungsstahl heimlich erhöht, sonst hätten die Balkone noch nicht einmal ihr eigenes Gewicht tragen können.

An der Zillertalstraße im Pankower Tiroler Viertel fließt die Panke durch ein vierstöckiges Wohnhaus und stürzt dann über zwei Etagen mit einem Wasserfall nach unten. Statische Probleme gibt es dabei nicht, denn Gerd Neuhaus hat den Wasserfall an die Brandmauer eines Wohnhauses gemalt. Mitten in einem Viertel, das durch Siedlungsbauten geprägt ist, steht man unerwartet vor Illusionsmalerei (1). Eine Terraingesellschaft - die Deutsche Bodengesellschaft - hatte kurz nach 1900 das Viertel parzelliert (2). Zwischen 1928 und 1932 errichteten mehrere Siedlungsgenossenschaften die heute unter Denkmalschutz stehenden Häuser des Viertels, die Nachkriegsbauten folgten durch eine Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft während der DDR-Zeit.

Vom Andreas-Hofer-Platz kann man auf das Nordische Viertel herabschauen, das sich im Süden an das Tiroler Viertel anschließt. Der Platz ist ein Hügel aus Trümmerschutt des Zweiten Weltkriegs (3). Die Brennerstraße grenzt an, nach ihr wird die Erhebung im Volksmund auch "Brenner" genannt. Aus den paar Bergen, die wir Berliner haben, müssen wir wenigstens sprachlich etwas machen. Da der Winter in diesem Jahr bis Ostern andauert, können wir die Rodelbahn auf dem Brennerberg in Aktion erleben.

Ost-Berliner Botschafts-Plattenbauten

In Budapest errichtete ein DDR-Architektenkollektiv 1963 ein Botschaftsgebäude, das 2008 zu einem Bürohaus umgebaut wurde. Es ist ein pragmatischer, schlichter Kubus mit schlanken außenliegenden Sichtbetonstützen, die die Fassade gliedern und strukturieren und auch nach dem Umbau beibehalten wurden. Zu dem Architektenkollektiv unter Leitung von Heinz Graffunder gehörte Eckart Schmidt, der beispielsweise auch am Bau der Rathauspassagen (4) und des Eckgebäudes Spittelmarkt/Wallstraße (5) beteiligt war. (Die Coca-Cola-Reklame auf seinem Spittelmarkt-Plattenbau ärgert ihn, auf seiner Homepage bezeichnet er sie als "marktwirtschaftlichen Zierrat"). Aufgrund seiner Budapester Erfahrungen hatte Schmidt 1966 für Jugoslawiens Botschaft in Ost-Berlin einen Plattenbau Typ "Pankow I" geschaffen. Als auf die DDR 1972 eine Welle von diplomatischen Beziehungen zu anderen Staaten zukam (6), wurden daraus die Plattenbau-Prototypen "Pankow II" und "Pankow III" entwickelt und identische Botschaftsneubauten für viele Staaten in das Nordische Viertel nördlich der Bornholmer Straße gesetzt.

Bei unserem Rundgang haben wir insgesamt 19 dieser Bauten gezählt und fotografisch dokumentiert. Ein merkwürdiges Botschaftsviertel (7) war da entstanden, mit einförmigen Plattenbauten gleichen Zuschnitts, dreigeschossig und von Garten umgeben, ein Bau neben dem anderen, und um die Ecke ging es genauso weiter. Heute sind hier noch sieben Botschaften ansässig, Kuba ist in seinem Haus geblieben, andere Botschaften sind ausgezogen, manchmal übernahm ein anderer Staat das Gebäude für seine Vertretung. Anzutreffen sind hier die Kapverden, Ghana, Eritrea, Moldawien, Bosnien/Herzegowina, Mongolei, Kuba. "Die Zeit" schreibt über die "Vereinigten Staaten von Pankow: Das ehemalige Botschaftsviertel der DDR gleicht einer Laubensiedlung kleinerer Nationen, denen die repräsentativeren Adressen im Berliner Westen zu teuer sind". Das ist sicherlich etwas ätzend, denn der Charakter des Viertels hat sich nach der Wende wesentlich verändert.

Die Mehrzahl der ehemaligen Botschaften sind in Wohngebäude oder Bürogebäude umgewandelt worden, die dem Viertel die Eintönigkeit nehmen. Begünstigt wird das durch die unspezifische Bauform der Gebäude: Die Prototypen enthielten keine individuellen oder landestypischen Stilmerkmale. Es sind dreigeschossige Flachbauten aus zwei Kuben, die durch ein in der Mitte liegendes Treppenhaus verbunden sind. Der rechte Bauteil ist gegenüber dem linken etwas zurückgesetzt, bei manchen Häusern gibt es vor dem Treppenhaus Balkons und/oder ein Vordach über dem Eingang. Straßen- und Hofseite ähneln sich, die beiden Seitenflächen sind weitgehend geschlossen. Für die Nachnutzung wurden ganz individuelle Veränderungen vorgenommen: Treppenhäuser und Terrassen wurden angebaut, ein Attikageschoss aufgesetzt, ein Gebäude zu einem kompletten Würfel ergänzt, ein Lamellenband vor die Treppenhausfenster gesetzt. So entstehen Abwandlungen, die in ihrer gelungensten Form an Bauhaus-Formen erinnern und den Plattenbau vergessen machen.
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(1) mehr über Wandmalerei: Wandmalerei
(2) mehr über Terraingesellschaften: Terraingesellschaften
(3) mehr über Trümmerberge: Trümmerberge
(4) mehr über die Rathauspassagen: Verfallsdatum für einen Platz
(5) Spittelmarkt-Plattenbau von Eckart Schmidt: Bild 2 in dieser Galerie: Bildergalerie
(6) Anerkennung der DDR durch den Grundlagenvertrag von 1972: Botschaften der DDR-Bruderländer
(7) mehr über Botschaften: Botschaften


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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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Tiroler Viertel


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... und hier sind weitere Bilder ...
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DDR-Botschaftsviertel


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Zwischen den Bahnhöfen