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Klaus Kirsten, ein Architekt, der im Hansaviertel zwei Einfamilienhäuser gebaut hat, entwarf für Rotaprint 1957 einen massiven Stahlbetonbau, einen markanten Eckturm, der aus Kostengründen unverputzt blieb und das Muster der Betonverschalung als Gestaltungselement einsetzt (Sichtbeton oder Beton-brut-Architektur, 1894 erstmals an einem Kirchengebäude in Frankreich ausprobiert). Dieser Baukörper besteht aus Kuben, die zum Teil gegeneinander gedreht sind oder in Fluchtlinien aus dem Gesamtgebäude zu streben scheinen.
Der Gebäude-Querriegel im Hof wurde als gläsernes Büro neu aufgebaut. Weitere Werkstattgebäude, Montagehallen und Bürogebäude ergänzen das Ensemble. Im Innenhof wurde der Altbestand verputzt und wie die Neubauten weiß gestrichen. Dadurch wurden die Bauten optisch miteinander verbunden. Auf der Straßenseite schließt sich eine unverputzte Rasterfassade an den Betonturm an.
Eine Künstlergruppe entdeckte die leer stehenden Bauten, mietete sich dort ein und engagierte sich für die Erhaltung der jetzt denkmalgeschützten Gebäude. Eigentümer des Firmengelände an der Reinickendorfer Straße war inzwischen der Berliner Liegenschaftsfonds, der ein "Paket schnürte" zusammen mit anderen Grundstücken, für das Paket aber nicht genug geboten bekam. Das Rotaprint-Grundstück sollte dann wieder an das Bezirksamt zurück übertragen werden, um die weitere Nutzung für die kreativen Mieter zu sichern. Vorher hatte man schon einen Randbereich des Grundstücks an Lidl verkauft, und so kam es, dass bei einem der denkmalgeschützten Gebäude ein Fenster zugemauert werden musste und das Erdgeschoss hinter einer der stadtbekannt architektonisch anspruchslosen Lidl-Hallen verschwand.
Roter Wedding, Blutmai 1929 Ein Gedenkstein an der Wiesenstraße erinnert an den "Blutmai 1929". Im Wedding und in Neukölln kam es im Mai 1929 nach einer nicht genehmigten Mai-Demonstration zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen Arbeitern und der Polizei, bei der 32 Menschen starben, kein Polizist war darunter. Die Demonstranten errichteten Barrikaden, die Polizei beschoss Wohngebäude, an denen rote Fahnen aufgehängt waren, durchkämmte die Arbeiterviertel, durchsuchte Wohnungen und nahm zahlreiche Menschen fest. Die schwer umkämpfte Kösliner Straße war das Zentrum des roten Wedding, der Gedenkstein liegt unweit von hier.
Herbert-Hoover-Schule An der Pankstraße fließt die Panke an der Herbert-Hoover-Realschule (jetzt: Integrierte Sekundarschule) vorbei, die durch einen eigenen Integrationsansatz für Migrantenkinder bekannt geworden ist: die "Deutschpflicht" auf dem Schulhof, mit der Araber, Serben, Türken und andere Nationalitäten verpflichtet werden, nicht ihre jeweilige Sprache, sondern Deutsch zu sprechen. Damit werden Ausgrenzungen vermieden, die Kommunikation geht über die Sprache, Gewalt wurde zurückgedrängt. Es sind natürlich auch die begleitenden Unterrichtsmaßnahmen der Schule, die zu diesem Erfolg geführt haben: Die Stundenanzahl für den Deutschunterricht wurde um 50 Prozent erhöht (6 statt 4 Stunden), die Klassenfrequenz für dieses Fach von 26 auf 17 Schüler vermindert. Integration ist nicht nur eine Frage des Geldes, aber gezielt eingesetzt bringt es sie voran, ein wichtiges Ergebnis bei den immer weitergehenden Einsparungen. Gut, dass der Schule der Deutsche Nationalpreis verliehen wurde und damit auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht wurde.
Wiesenburg-Asyl Auf unserem weiteren Weg entlang der Panke folgen wir dem Uferweg, der sich durch alte Fabrikgelände und unter der ICE-Ausbaustrecke hinweg seinen Weg sucht, bis ein 1896 errichtetes Gebäudeensemble des Berliner-Asyl-Vereins sichtbar wird, die "Wiesenburg". Der Berliner Asyl-Verein ist ein Beispiel dafür, dass sich Menschen in herausgehobener Stellung gesellschaftspolitisch verantwortlich fühlen und hiernach auch handeln, Mitglieder waren z.B. August Borsig, Carl Bolle, Rudolf Virchow, Georg von Bunsen.
Der Verein betrachtete Personen, die über keinen Wohnraum verfügen, nicht als Gestrandete, sondern als Menschen in einer nahezu ausweglosen Notlage. Sie gehörten nicht ins Polizeigewahrsam, sondern in ein Asyl, "das die Unglücklichen liebevoll beherbergen soll". Von Wohnungsproblemen waren damals sehr viele Menschen betroffen. In der Zeit um 1870 zogen Tausende vom Land nach Berlin, um hier Arbeit zu finden. Es gab nicht genug Wohnungen. Wer doch eine Wohnung fand und seine Arbeit verlor und dann die Miete nicht mehr bezahlen konnte, saß ganz schnell wieder auf der Straße.
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Beginnend mit dem 1.Weltkrieg veränderte sich aus finanziellen Gründen nach und nach die Nutzung des Gebäudes, ab 1914 eine Armee-Konservenfabrik, ab Mitte 1935 "Nationale deutsche Flugmotoren-Vergaserfabrik", ab 1940 Metallgießerei von Moabit. Heute sind in dem Gebäude, das noch Zeichen der Kriegszerstörung aufweist, Handwerksbetriebe und Künstler untergebracht. Im Film kann man die Kulisse in Tatorten sehen, auch die "Blechtrommel" wurde hier gedreht.
Nettelbeckplatz, Panke Unser Rundgang im Jahr 2007 endete am Nettelbeckplatz zu Füßen der Plastik "Tanz auf dem Vulkan" von Ludmila Seefried-Matejkova, einer tschechischen, in Berlin lebenden Künstlerin. Bei dem Update 2016 sind wir der Panke bis zur Chausseestraße/Müllerstraße gefolgt. Hier wird sie in einem Betriebswerk gereinigt und reguliert, bevor sie ihren Weg zum Umspannwerk Scharnhorst fortsetzt, wo sie in den Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal fließt. Ein Teil der Panke hat sich vorher abgezweigt und fließt als kleiner Bach Richtung Charité, hinter dem Bundesnachrichtendienst und neben dem Verkehrsministerium entlang, um dann am Schiffbauerdamm die Spree zu erreichen.
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