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Mystik, Erhabenheit, ungeheuerliche Klangentfalung


Stadtteil: Prenzlauer Berg
Bereich: Arnimkiez
Stadtplanaufruf: Berlin, Dänenstraße
Datum: 3. August 2020
Bericht Nr.:706

Zwischen den S-Bahnhöfen Bornholmer Straße und Schönhauser Allee liegt ein beschauliches und gepflegtes ehemaliges Arbeiterviertel mit dem Arnimplatz in der Mitte, das wir heute besuchen. Vielleicht sind die gepflegten Altbauten auch eine Ausstrahlung des Arnimplatzes, an dem die DDR 1972 die Reparatur und Modernisierung des Altbaubestandes in Angriff nahm.

"Ulbricht-Kurve"
Doch zunächst ein kurzer Blick auf die Verbindung zwischen Ringbahn und Nord-Süd-Bahn. Die DDR schuf im Zusammenhang mit dem Mauerbau eine S-Bahn-Verbindung von der Ringbahn nach Pankow, bei der man nicht am West-Berliner Bahnhof Gesundbrunnen umsteigen musste, sondern innerhalb des Ost-Berliner Bahnnetzes blieb. Hierzu nahm die S-Bahn eine nachträglich elektrifizierte Kurve der Fernbahn vom Bahnhof Schönhauser Allee zur Station Bornholmer Straße ("Ulbricht-Kurve") in Betrieb, man blieb unter sich im Arbeiter- und Bauernstaat. Um Fluchtversuche zu unterbinden, musste die S-Bahn in der Kurve schnell fahren, die Türen wurden verriegelt, die Notbremsen abgeschaltet.

In der Adventszeit öffnen Medien gern Türen zu geheimnisvollen Orten. Im Dezember 2017 berichtete der Tagesspiegel über eine vollgekritzelte Eisentür an der Malmöer Ecke Dänenstraße, wo die "Ulbricht-Kurve" beginnt. Hinter dieser Tür sei (im Sommer) pure Großstadtromantik zu finden. Man sitzt hoch über den Gleisen der Ringbahn, das liebliche Rattern der Züge gleiche dem Plätschern eines Flusses, jedenfalls wenn der Abend und der Weinkonsum fortgeschritten sind.


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An der Ecke Malmöer Straße 29 erinnert das Wandbild "Du hast die Kugel, wir haben das Wort" an zwei ermordete Menschenrechts-Aktivistinnen aus Lateinamerika. Ein ungewöhnliches Hausprojekt hat die Wand zur Verfügung gestellt: Der Neubau von 2012 bietet Raum für eine große Wohngemeinschaft von 20 Menschen. Nicht nur hier, auch im gesamten Gründerzeitgebiet Prenzlauer Berg müssen nach einer Verordnung von 2004 Baugrundstücke einen "Biotopflächenfaktor" (BFF) einhalten, der sich nach dem Verhältnis von "naturhaushaltswirksamer" Fläche zur Grundstücksfläche ergibt. Unterschiedlich gewichtet werden Vegetationsflächen, (teil-)versiegelte Flächen, begrünte Mauern, begrünte Dachflächen.

Katholische Kirche St. Augustinus
Was muss das für ein Kirchenbau sein, dessen Modernität dem Bischof so sehr missfiel, dass er den Hilfsbischof (Weihbischof) vorschickte, um ihn einzuweihen? Eine sakrale Handlung, bei der der Weihbischof "knöcheltief im Morast einer Brache" stand und "dröhnende Fanfaren zwischen hohen Berliner Mietskasernen" ertragen musste? Ein Gotteshaus, das "einen Hauch von Glamour im Arbeiterviertel" verbreitete, dessen "beklagenswerte Raumakustik aber eine peinlichen Überraschung" war?

Als katholisches Gotteshaus ist St. Augustinus in die Blockrandbebauung eingefügt, aus der es sich aber majestätisch mit seiner Baumasse und dem 35 Meter hohen Kirchturm abhebt, auf dem ein vergoldetes Kreuz steht. Durch ein Doppelportal mit Spitzbögen betritt man die Kirche, die von zwei Ecktürmen eingerahmt wird. Eine übergroße Fensterrosette prägt die Fassade über dem Eingang, ansonsten ist das Rechteck bei Türmen, Flächen und Fensterbändern die bestimmende geometrische Figur.


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Eine Türumrandung warnt mit einem Spruch aus der Offenbarung des Johannes vor der Genusssucht im Leben: "Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit".

Der Architekt Josef Bachem hat später auch mit der katholischen Pfarrkirche St. Martin in Berlin-Kaulsdorf einen mächtigen Kirchenbau zwischen unscheinbaren Häusern geschaffen, einen eckigen Turmbau mit Bullaugen. Wegen der ungewöhnlichen Christusfigur des Bildhauers Hans Perathoner hatte diese Kirche zusätzliche Aufmerksamkeit erfahren.

Auch die Farbigkeit des Innenraums von St. Augustinus ist ungewöhnlich: Blauglasierte Majolika-Fliesen umrahmen den Hochaltar. Hier wie vor der Außenfassade finden sich Figuren des Kirchenpatrons Augustinus und seine Mutter Monica. Allerdings fand die Raumakustik vor den Ohren eines sachverständigen Hochschullehrers keine Gnade. Er beschäftigte sich mit der "Stellung der Kanzel im Raume und ihrer Bedeutung für die Hörsamkeit" und konstatierte, die Klangentfaltung sei "eine so ungeheuerliche geworden, daß die Rede untergeht und die Musikausübung selbst im gefüllten Raume unmöglich wird". Doch sein Artikel im Zentralblatt der Bauverwaltung endete versöhnlich, man könne "noch nachträglich durch entsprechende Maßnahmen eine gute Gebrauchsfähigkeit herbeiführen". Ob das notwendig war und geschehen ist?

Schulen
Die Bevölkerung wuchs schnell im Prenzlauer Berg während der Industriellen Revolution, deshalb wurden immer mehr Schulen gebraucht. Allein bei unserem Rundgang treffen wir auf drei Gemeinde-Doppelschulen, die alle vom Stadtbaurat Ludwig Hoffmann entworfen wurden. Insgesamt sind 15 Schulen von Ludwig Hoffmann in Prenzelberg als Baudenkmale erhalten, die meisten ebenfalls als Doppelschulen.

In der Driesener Straße hebt sich ein Schulbau im Neorenaissance-Stil deutlich von der Wohnbebauung ab. Bis zur ersten Etage geht die Optik von grob behauenem Stein (Bossenwerk), im obersten Geschoss ist die Fassade mit Rosetten über den Fenstern geschmückt. Über dem weit vorspringenden Hauptgesims ein Mansarddach (abgeknicktes Dach).


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In der Schönfließer Straße ist die Doppelschule im Blockinneren hinter zwei Wohnhäusern angeordnet. Durch diese Lage musste für den Baugrund weniger bezahlt werden als bei einer Blockrandbebauung. Heute würde die Ruhestörung überempfindlicher Wohnungsnachbarn gegen eine solche Lage sprechen.

Alfred Messel, Arbeiterwohnhaus
Der Architekt Alfred Messel war von Kindheit an mit dem Stadtbaudirektor Ludwig Hoffmann befreundet, über dessen Schulen ich gerade berichtet habe. Messel war nicht nur der Architekt von Warenhäusern und des Pergamonmuseums, sondern auch von Arbeiterwohnungen, mit deren Ausgestaltung er sich von den vorherrschenden Mietskasernen absetzte.

An der Stargarder Ecke Greifenhagener Straße baute Messel eine genossenschaftliche Wohnanlage, in der man “gesund und zu billigen Preisen” leben konnte. Seine Häuser haben Wohnungen mit Querlüftung, Balkons, Innentoiletten und Küchen, die Innenhöfe sind gärtnerisch gestaltet und haben Gemeinschaftseinrichtungen (Waschhäuser, Baderäume, Kindergarten). Der Andrang auf die Wohnungen war so groß, dass sie verlost werden mussten.

Fliegende Pizza
Die beste Pizza Berlins gibt es bei - wer würde sich zu einer solchen Aussage versteigen, Geschmack ist unterschiedlich und Qualität kann wechselhaft sein. Aber wenn ein Pizza-Akrobat nicht nur für seine akrobatischen Leistungen mit fliegendem runden Teig berühmt ist, sondern auch für den Geschmack seiner Pizzen prämiert wird, dann lassen wir uns gern dort nieder: Im 'A Magica an der Greifenhagener Straße direkt an der Gethsemanekirche. Um eine bestellte Pizza abzuholen, stehen immer mehrere Fans geduldig Schlange, während wir am Tisch im Freien auch bald bedient werden und uns für unser Flaniermahl - heute sind wir zu dritt - gern auf eine Pizza einlassen. Wir haben es genossen, und auch der Wein hat geschmeckt.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route:
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Einzigartig ist viel besser als perfekt
Abgebrannte Windmühlen und eine Zündholzfabrik