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Übersichtliches Dorf


Stadtteil: Pankow
Bereich: Blankenburg
Stadtplanaufruf: Berlin, Alt-Blankenburg
Datum: 18. Juli 2011

Wenn man für das Dorf Blankenburg (heute ein Teil von Pankow) ein graphisches Zeichen als Symbol auswählen wollte, dann würde es der Kreis sein. Zweimal hat die Rundform bei der Gründung des Dorfes eine Rolle gespielt, die jüngere Rundform ist heute noch andeutungsweise erhalten.

In Deutschland gab es ungefähr 700 Burgwälle östlich der Elbe, also Befestigungsanlagen aus Holz, mit denen Slawen ihre Siedlungen schützten. Die eigentliche Siedlung lag typischerweise nicht in der Burg, sondern vor ihr ("Vorburgsiedlung"). Beispiele finden wir ganz in der Nähe, die Stadt Brandenburg war ein slawischer Burgwall und in Spandau residierte an der Havel ein Hevellerfürst in einem solchen Burgwall. In der Niederlausitz gab es eine ganze "Burgenlandschaft" aus kreisrunden bis ovalen Ringwällen. Im Spreewald kommt man an der Autobahn bei Vetschau an dem originalgetreu nachgebauten Ringwall Raddusch vorbei, ein Besuch lohnt, wenn man eine Vorstellung von einer Slawenburg bekommen will.

In Berlin-Blankenburg wurden in den 1970er Jahren beim Bau des Autobahnzubringers A 114 Reste des im 10.Jahrhundert zerstörten slawischen Burgwalls gefunden. Seit 100 Jahren verweist der Name "Burgwallstraße" auf diesen historischen Ort, an der Heimburgstraße lag die Vorburgsiedlung. Kein Reiseführer führt seine Leser hier hin, und der von Berliner Fachleuten herausgegebene archäologische Stadtführer spricht nur davon, dass der Wall beim Autobahnbau "angeschnitten" wurde. Wir wollten es genau wissen und haben Anwohner und Passanten an der Burgwallstraße gefragt, wo es Reste des slawischen Burgwalls geben könnte. Viel Kopfschütteln und Erstaunen haben wir geerntet, auch der Straßenname schien ihnen nichts zu bedeuten. Lediglich ein Anwohner konnte dann beschreiben, wo ungefähr die Autobahn über das Grabungsfeld gelegt wurde und dass es nichts mehr anzusehen gibt. Der Ringwall - die erste Rundform dieses Dorfes aus dem 8.Jahrhundert - ist also nicht mehr vorhanden.

Blankenburg ist ein mittelalterliches "Sackgassendorf", wahrscheinlich aus einer kreisförmigen Anordnung der Gehöfte als "Rundling" durch weitere Besiedlung entlang der Zugangsstraße entstanden. Und da haben wir die Rundform wieder, zum zweiten Mal bestimmt sie die historische Anlage des Ortes. Das wird kein Zufall sein, denn das Runddorf war eine typische mittelalterliche Siedlungsform in der Kontaktzone zwischen Deutschen und Slawen von der Ostsee bis zum Erzgebirge.

In dem verbliebenen Rund von Alt-Blankenburg herrscht eine eigenartige Atmosphäre, die zwischen Vergangenheit (baulichem Verfall) und Zukunft (Schule für visuelles Marketing) pendelt. Im 1.Stock über der Feuerwache beobachtet ein Bewohner (der Oberfeuerwehrmann?) uns Flaneure. Was kann man hier schon fotografieren? wird er sich denken. Ein Backsteinflachbau mit Metallfachwerk sieht aus wie ein Bahnbau, die Eisenbahnlinie ist nicht weit. Aber in alten Stadtplänen habe ich keine Abzweigung nach Alt-Blankenburg finden können, vielleicht wurde hier nur die Bauform zitiert.

Der Dorfkern ist zwar als Ensemble geschützt, an den einzelnen Gebäuden würde ein Denkmalpfleger aber verzweifeln, zuviel ist hier schon von der alten Substanz überformt worden. Zu DDR-Zeiten war der Materialmangel ein Grund, Bauten ohne Rücksicht auf ihre Geschichte notdürftig zu sichern. Seit der Wende ist es der Überfluss an Bauelementen, der den Bewohnern erlaubt, mit Baumarkt-Wintergärten, gefliesten Treppen und schlafwandelnden Gartenzwergen auf der Dachkante ihre Gestaltungskraft auszudrücken. Der neue Friedhof mit seiner kitaähnlichen Trauerhalle und bunten Türen ist glücklicherweise aus dem Dorfkern ins Hinterland gerückt.

Berlin hat ungefähr 70 Dörfer, warum sollte man ausgerechnet Blankenburg besuchen? Ein Makler lobt die Ruhe fernab der Großstadthektik in dem ruhigen und übersichtlichen Stadtteil. Übersichtlich? Das ist für Immobilien ein ungewöhnlicher Begriff und erinnert mich an Loriot, der im Gourmet-Restaurant das winzige Gericht auf dem großen Teller "schön übersichtlich" findet. In Blankenburg gibt es so gegensätzliche Anlagen wie einen der größten zusammenhängenden Kleingärten Deutschlands und einen Golfplatz. Die Autobahn entlang der Panke ist von Blankenburger Grundstücken nur durch einen Lärmschutzzaun getrennt, das ist der Preis für eine gute automobile Anbindung.

Am Dorfanger finden wir einen Griechen, viele Gäste sitzen im Vorgarten, ein gutes Zeichen um auch diesmal in Pankow einen Spaziergang griechisch abzuschließen.


Messerstecher in der Heide
Mittelalterliches Dorf und moderne Kleinstadt