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Nichts-tun-Landwirtschaft


Stadtteil: Friedrichshain
Bereich: Ostbahnhof
Stadtplanaufruf: Berlin, Comeniusplatz
Datum: 31. Mai 2010

"Vor Einfahrt Halt" steht über dem Tor des alten Lokschuppens, aber die Schienen, auf denen Loks hinein fahren könnten, sind längst demontiert. Der Schuppen steht verlassen auf einer Brache zwischen Aldi und Metro an der Helsingforser Straße in Friedrichshain und nichts deutet bei unserem Spaziergang darauf hin, dass hier in einem Akt "gemeinsamer Produktion des öffentlichen Raumes die Aneignung und Nutzung der Fläche durch Menschen jeden Alters" erfolgen soll. Ich schreibe gleich noch auf Deutsch, was hier geschieht und geschehen wird, muss aber erst noch sprachliche Fundstücke loswerden aus der Schreibe von Fachleuten, die ihre Arbeit nur überzeugend finden, wenn sie in einer unverständlichen Planersprache daherkommt. "Ausgangspunkte für den Gestaltungsprozess sind die pflanzlichen und baulichen Ressourcen", die in einen "partizipativer Prozess" eingebunden werden sollen. Wissen Sie was "Nichts-tun-Landwirtschaft" (1) ist? Na, ein "jahreszyklisches Konzept der Prozeßgestaltung mit grüngestalterischen Mitteln". Dazu gehören "Feldmoderationen vor Ort unter Einbezug örtlicher kultureller Ressourcen und Bedarfe".

Zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße liegt das Gelände des Wriezener Güterbahnhofs (2). Es ist knapp anderthalb mal so groß wie das Schöneberger Südgelände am S-Bahnhof Priesterweg, aber weitgehend unbekannt. 2005 wurden hier am Güterbahnhof die ungenutzten Gleisanlagen demontiert, nur ein Gleis blieb in Betrieb. Nördlich dieses Gleises entsteht auf dem brachliegenden Bahngelände gegenwärtig ein Bürgerpark, und die Bürger engagieren sich bereits heftig. Auf dem Dach des Metro-Marktes hat eine nahe gelegene Schule dadurch bereits einen Sportplatz bekommen. Für die Nutzung des Parkgeländes gibt es unterschiedliche Wünsche und Ideen, z.B. einen Sportparcours, einen FreifunkHain mit öffentlichen WLAN-Anschlüssen, einen erweiterten Lernraum für die Schule ("Grünes Klassenzimmer") und eben die (fast-)Nichts-tun-Landwirtschaft mit einem halbwilden Gemüseanbau in der Eigenverantwortung von Parkbesuchern. Noch gibt es eine Mauer um das Areal, die von der Bahn gepflanzten 55 Kaiserlinden stehen irgendwo, aber der Park wird kommen (3).

Vom Lokschuppen aus sieht man auf ein ehemaliges Heizwerk in der Rüdersdorfer Straße aus den 1950er Jahren, das zur Zeit vom Club Berghain bespielt wird. Wie "Kreuzkölln" ein Kunstwort für die an "Kreuz"berg angrenzenden Gebiete von Neu"kölln" ist, so hat der Berghain Kreuz"berg" und Friedrichs"hain" sprachlich in seinem Namen vereint. Unzugänglich, direkt an die Bahntrasse am Ostbahnhof angrenzend, stehen noch Reste des alten Bahnsteigs vom Wriezener Bahnhof. Zu DDR-Zeiten wurde hier die „West-Post“ kontrolliert. Von der Straße der Berliner Kommune aus sichtbar ist eine weitere Erinnerung an diesen Bahnhof, die alte Fahrkartendruckerei.

Wir sind am Ostbahnhof aus der S-Bahn gestiegen und zum Hermann-Stöhr-Platz gelaufen. Hinter dem Gedenkstein für den im Dritten Reich hingerichteten Wehrdienstverweigerer werben großformatige Kaufhof-Plakate. Am Wriezener Karree lädt das "Ostel" dazu ein, beim Aufenthalt "in einer originalen DDR- Platte die schönsten Seiten ostdeutscher Raumgestaltung" zu erfahren. Am Franz-Mehring-Platz in einem Bau der Nachkriegsmoderne wird die Zeitung "Neues Deutschland" produziert, früher Zentralorgan der SED, heute eine überregionale Tageszeitung. An diesem Platz stand bis zur Kriegszerstörung das "Plaza", eine Variete-Bühne, die "Scala für den Arbeiter", ein "Vergnügungstempel für Arme".

Über den Comeniusplatz führt unser Weg schließlich ins Boxhagener Viertel, wo wir den Rundgang mit einem sehr preiswerten indischen Essen abschließen.

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(1) Mehr über Nichts-tun-Landwirtschaft: Ziviler Ungehorsam - und die Stadt blüht
(2) Mehr über den Wriezener Bahnhof und den Ostbahnhof: Umsteigebahnhof
(3) Im Oktober 2012 haben wir uns den Park am Wriezener Bahnhof noch einmal angesehen: Brücke mit Romantikfaktor

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Zu diesem Bericht gibt es einen Forumsbeitrag: Friedrichshain, Wriezener Bahnhof

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Unsere Route:
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Auf der Anhöhe
Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer