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Am Luftschiffhafen


Stadtteil: Lichtenberg, Marzahn
Bereich: Rheinisches Viertel, Biesenhorster Sand
Stadtplanaufruf: Berlin, Zwieseler Straße
Datum: 18. Mai 2015
Bericht Nr: 507

Eine neue Schnellstraße wird durch Berlin gebaut, und es gibt keinen Aufschrei? Eine Bürgerinitiative fordert: "Mit uns, nicht gegen uns", und selbst der Naturschutzbund NABU macht nur "auf wichtige Aspekte aufmerksam". Drei Bezirke reichen einen gemeinsamen Entwurf für den Straßenverlauf ein. Die Osttangente (amtlich: "Tangentiale Verbindung Ost") - die dieses kleine Wunder möglich macht - entsteht als Nord-Süd-Verbindung zwischen Marzahn und Treptow, um die Innenstadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Vom Berliner Ring im Norden wird man die Stadt bis zur Autobahn nach Schönefeld im Süden kreuzungsfrei durchfahren können. Wesentliche Teile der Verbindung, die keine Stadtautobahn ist, sondern eine Schnellstraße, sind schon fertig. In Ahrensfelde im Norden und zwischen Wuhlheide und Adlergestell im Süden wird die Straße bereits befahren, es fehlt nur noch der Lückenschluss beim Biesenhorster Sand zwischen Karlshorst und Biesdorf.

Der Biesenhorster Sand hat schon eine Geschichte als Verkehrsachse hinter sich. Um West-Berlin zu isolieren, baute die DDR in den 1950er Jahren eine Umgehungsbahn um West-Berlin, den „Berliner Außenring“. Hierfür nutzte sie teilweise den in den 1930er Jahren begonnenen, aber nicht fertig gestellten „Güteraußenring“. An den Karlshorster Standort der Sowjetischen Militäradministration angrenzend entstand 1953 der Rangierbahnhof Wuhlheide. Dabei mussten auch Gleise neu gelegt werden, die die Sowjets 1947 als Reparationsleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg demontiert hatten. Wuhlheide wurde Berlins größter Verschiebebahnhof, mehrere tausend Waggons sind täglich auf dem ausladenden Schienenbündel bewegt worden. Nach der Wiedervereinigung und dem Abzug des Militärs ging der Bahnverkehr Richtung Osten und Ostblock stark zurück, der Rangierbahnhof wurde nicht mehr gebraucht und 1994 stillgelegt.

Schienenverkehr und Straßenverkehr an einem Ort, jetzt fehlt nur noch Luftverkehr. Und richtig: Werner von Siemens hatte in Karlshorst an der Grenze zu Biesdorf 1907 von seinem Industriearchitekten Karl Janisch eine drehbare Luftschiffhalle errichten lassen. Da Siemens selbst in Schloss Biesdorf wohnte, wurde sie als Luftschiffhalle Biesdorf bezeichnet. Später wohnte Siemens in die heutige Otto-Suhr-Allee in Charlottenburg, wo an der Franklinstraße und dem Salzufer seine Industriebauten entstanden. Die Luftschiffhalle musste 1917 dem Flughafen Karlshorst weichen, der allerdings schon 1919 wegen der Entmilitarisierung nach dem Versailler Vertrag wieder stillgelegt wurde.

Der Flughafen erstreckte sich von der Robert-Siewert-Straße bis zur Köpenicker Allee. Sechs Flugzeughallen der ehemaligen Fliegerstation blieben an der Köpenicker Straße in Höhe Straße am Heizhaus erhalten. Bis 1952 gab es eine Straße "Am Flugplatz", die dann überbaut wurde. Nur vier Jahre lang bestand eine Kleingartenkolonie „ Am Flugplatz“ für 97 Erwerbslose, die 1935 der militärischen Bebauung weichen musste. Acht Jahre später entstand eine Behelfsheimsiedlung für Bombengeschädigte südlich der Köpenicker Allee. In der Nachkriegszeit wurde sie zur Kleingartenkolonie Florafreunde weiter entwickelt, der "Thingplatz" der Behelfssiedlung wurde zum Floraplatz.

Das stillgelegte Flugplatzgelände wurde im Dritten Reich zu einem bedeutenden Militärstützpunkt ausgebaut. Hier entstand eine Militärakademie - die Festungspionierschule - mit einer Vielzahl von Bauten: Offizierskasino, Hörsaalgebäude, Pförtnerhäuschen, Kommandeursvilla, Turnhalle, Schwimmhalle, Kasernen, Hochbunker. Es war eine der wenigen fast vollständig erhaltenen Militäranlagen der deutschen Wehrmacht, die dann von der Sowjetischen Militäradministration übernommen wurde.

Im Offizierskasino unterzeichneten deutsche Generäle am 8.Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Heute ist das Haus das Kapitulationsmuseum ("Deutsch-russisches Museum"), das gerade in diesen Tagen am 70.Jahrestag des Kriegsendes viel öffentliches Interesse bekommen hat.

Das ehemalige Militärgelände wird gerade durch einen Investor umgebaut. In die Altbauten wurden Eigentumswohnungen integriert, es entstand der "Wohnpark Karlshorst", "wobei die denkmalrechtlichen Belange berücksichtigt wurden". Der Hochbunker harrt noch seiner Nachnutzung.

Die Neubauten von Siedlungshäuschen drumherum erinnern an Bauklötze, mit denen wir als Kinder spielten. Die phantasielose Aneinanderreihung - Haus Birke, Haus Linde, Haus Eiche - sieht so künstlich aus, als wäre es der Hochglanzprospekt selbst und nicht die Realität. Das soll die "Gartenstadt Karlshorst" sein, ein hoher Anspruch. Von einer Gartenstadt könnte man wohl mehr Gestaltungsvillen erwarten, sowohl von den Häusern selbst auch bei der Anordnung zu einer harmonischen Anlage.



Unseren Rundgang beginnen wir am S-Bahnhof Karlshorst. Hier hat die Bahn eine neue Brücke über die Treskowallee geschlagen. Die Hartungschen Säulen der alten Bahnbrücke, die man zurzeit noch auf Google Street-View sehen kann, sind durch dicke runde Stützen ersetzt worden. Klammheimlich verschwinden immer mehr dieser gusseisernen Pendelstützen, die mit Kugelgelenken am Kopf und Fuß die Querkräfte abfangen können und mit ihren Verzierungen in Anlehnung an antike Säulenformen ein stilprägendes Element der Berliner Eisenbahnarchitektur darstellen.

Gleich um die Ecke, in der Stolzenfelsstraße Ecke Ehrenfelsstraße, steht der neoklassizistische Bau des Theaters Karlshorst. Es wurde 1948 von der Sowjetischen Militär-Administration für die in Karlshorst stationierten sowjetischen Offiziere errichtet. Die Sowjets hatten gleich im Mai 1945 ein Sperrgebiet um ihren Militärstandort in Karlshorst eingerichtet und die Bewohner aus ihren Häusern vertrieben. Das Theater - "Haus der Offiziere" ("Russen-Oper") - lag im Sperrgebiet, bis 1963 hatte die deutsche Bevölkerung hier keinen Zutritt.

In dem Theatersaal mit Rundpfeilern, Kapitellen und großer geschwungener Loge haben 600 Besucher Platz. Hier traten der russische Musiker David Oistrach und die Pekinger Oper auf. Nach der Wende wurde das Haus nach langem Leerstand restauriert und der Vorplatz neu gestaltet. Heute wird es nicht ständig bespielt, aber die übrigen Räume des Hauses sind fest vermietet.

Wir sind hier im Rheinischen Viertel von Karlshorst unterwegs, das um 1910 entstanden ist. Hier stehen kleine Villen neben Wohnanlagen. An der Andernacher Straße wartet ein entmietetes Bauensemble auf seine Wiedererweckung. In der Rheinpfalzallee 82 sitzen das Zollkriminalamt und eine private Akademie in dem Verwaltungsbau der Sowjetischen Militär-Administration, einem zeitlosen, repräsentativen Gebäude, das ebenfalls 1948 erbaut worden ist.



Ein Teil der Umfassungsmauer, die das Militärgelände Karlshorst vom Rangierbahnhof Wuhlheide abgetrennt hat, ist noch vorhanden. Auf dem Biesenhorster Sand liegen viele Bahnschwellen noch im Boden oder zu Haufen aufgeschichtet. Im südlichen Teil des verlassenen Bahngeländes gibt es Trockenrasenflächen, wie wir sie ähnlich in Gatow gesehen haben. Hier dämmert auch das verlassene Stellwerk des Rangierbahnhofs vor sich hin. Die Bahnbrache hat ihren ganz eigenen spröden Charakter, der mit dem Eisenbahn-Südgelände nicht vergleichbar ist. Am östlichen Rand fahren auf dem verbliebenen Gleispaar die Regionalbahn und Güterzüge, parallel dazu soll die Osttangente gebaut werden, mal diesseits, mal jenseits der Gleise.

Wir kehren zu unserem Ausgangspunkt zurück, dem Bahnhof Karlshorst, weil wir am Theatervorplatz einen Italiener entdeckt hatten. Hier werden wir aufmerksam bedient und bekommen ein Flaniermahl, mit dem wir sehr zufrieden sind.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route
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