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Radiofeature über Walter Benjamin


Der 125.Geburtstag von Walter Benjamin war für den Deutschlandfunk Kultur Anlass, ein Feature über den Philosophen auszustrahlen, der seine "Kindheit um 1900" in Berlin verlebt hat. Vor zwei Jahren bin ich zu den Stätten von Walter Benjamins Jugend flaniert und habe hier unter dem Titel "Vergessenes zurückgewinnen" darüber berichtet. Jetzt habe ich den Autor des Radiobeitrags zu einigen dieser Orte und zum Walter-Benjamin-Platz geführt. Sowohl der Südwestfunk als auch Deutschlandradio Kultur haben unterschiedliche Features hierüber gesendet. Ausschnittweise sind hier das Manuskript und eine Tonauskopplung der DLF-Sendung anzusehen bzw. anzuhören.



Das Feature von Matthias Kußmann wurde vom Deutschlandfunk Kultur am 11.07.2017 im Länderreport gesendet. Hier sind die Auszüge:


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Berlin ist in den 1920er-Jahren der wichtigste Ort der Moderne in Europa. Fasziniert von der pulsierenden Metropole durchstreifte Walter Benjamin die Stadt und schrieb und erzählte von seinen Eindrücken und Erlebnissen.

Der Walter-Benjamin-Platz
Walter Benjamin war ein großer Denker des 20. Jahrhunderts. Er lebte 40 Jahre in Berlin, schrieb über die Stadt und erzählte im Radio von ihr. Doch der Senat tat sich nach seinem Tod lange schwer damit, an ihn zu erinnern. Es gibt keine Benjamin-Straße oder -Schule.

"Warum man nach Walter Benjamin nicht schon mal eine Straße benannt hat, ist mir rätselhaft. Es gibt eine Gedenktafel an dem Haus in der Prinzregenten­straße 66 in Wilmersdorf für ihn. Das war aber eine Wohnung, die er erst sehr viel später, als Erwachsener bezogen hat. Zuletzt wohnten die Eltern im Grunewald, da gibt es nichts, und in dem Tiergarten-Lützow-Viertel, wo es ja mehrere Stellen gibt, die mit Walter Benjamin zu tun haben, gibt es auch nichts."

Der falsche Platz für Benjamin sagt der Stadtforscher Klaus Gaffron. Erst 2001 wurde nördlich des Kurfürstendamms der Walter-Benjamin-Platz eingeweiht, ein spätes Gedenken. Klaus Gaffron steht am Rand des Platzes. Er schaut auf eine weite Fläche und graue, nüchtern-moderne Fassaden.

[Gaffron:] "Der Walter-Benjamin-Platz hat nichts, überhaupt gar nichts mit Walter Benjamin zu tun." … weil ihn mit diesem Viertel nichts verband. Die Wohnung der Familie und das Gymnasium lagen einige Straßen weiter. [Gaffron:] "Die Randbebauung selbst ist ganz vernünftig, mit bestimmt auch attraktiven Wohnungen. Das Problem ist diese Leerfläche dazwischen. Denn sie ist völlig versiegelt, was man heute überhaupt nicht mehr machen würde. Der Platz ist letztlich eine Schneise und keine Piazza, wie es eigentlich sein soll. Wenn wir etwas weiter auf dem Platz gestanden hätten, hätten wir das Pfeifen des Windes gehört."


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Nur einen kleinen Bezug zu Benjamin gibt es: [Gaffron:] "Das Format dieses Innenplatzes am Walter-Benjamin-Platz ist sehr ähnlich dem Format der Markthalle vom Magdeburger Platz, wo er gewohnt hat, die er gern besucht hat und über die er auch geschrieben hat."

Eine zufällige Ähnlichkeit – die zu Benjamins Denken passt. Er schloss gern vom Unscheinbaren auf Großes, und stellte überraschende Bezüge zwischen Menschen, Dingen, Orten und Zeiten her. Er spekulierte, improvisierte, widersprach sich auch – ein Bruch mit der strengen System-Philosophie des 19. Jahrhunderts.

Magdeburger Platz
Walter Benjamin wird am 15. Juli 1892 am Magdeburger Platz 4 in Berlin geboren, als Kind assimilierter Juden, sein Vater ist Kunsthändler.

Klaus Gaffron: "Hier stand früher das Geburtshaus von Walter Benjamin, heute steht dort ein gesichtsloser Neubau. Hier am Platz sind nur noch zwei Häuser auf dieser Seite erhalten geblieben, die aus der alten Zeit stammen. Diesem Geburtshaus direkt gegenüber auf dem Magdeburger Platz stand die Markthalle."


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Die scheint das Kind beeindruckt zu haben. In Benjamins Buch "Berliner Kindheit um neunzehnhundert" heißt es: "Hinter Drahtverschlägen, jeder behaftet mit einer Nummer, thronten die schwer­beweglichen Weiber, (…) Marktweiber aller Feld- und Baumfrüchte, aller essbaren Vögel, Fische und Säuger, Kupplerinnen, unantastbare strickwollene Kolosse, welche von Stand zu Stand miteinander, sei es mit einem Blitzen der großen Knöpfe, sei es mit einem Klatschen auf ihre Schürze, sei es mit einem busenschwellenden Seufzen, verkehrten. Brodelte, quoll und schwoll es nicht unterm Saum ihrer Röcke, war nicht dies der wahrhaft fruchtbare Boden?"

Klaus Gaffron: "Die Markthalle ist im Krieg zerbombt worden und wurde erst zwölf Jahre später abgeräumt. Dann war es hier ein grüner Platz zum Ausruhen und Erholen, heute zwitschern hier auch wieder die Vögel."

Genthiner Straße Ecke Pohlstraße
Doch er schreibt in Paris auch "Berliner Kindheit um 1900": Erinnerungen an Rätsel, Ängste und den Zauber einer Kindheit – etwa Besuche bei der Großtante, sie wohnte Steglitzer/Ecke Genthiner Straße. "In jede Kindheit ragten damals noch die Tanten, die ihr Haus nicht mehr verließen, die immer, wenn wir mit der Mutter zu Besuch erschienen, auf uns gewartet hatten, immer unter dem gleichen schwarzen Häubchen und im gleichen Seidenkleide, aus dem gleichen Lehnstuhl, vom gleichen Erkerfenster uns willkommen hießen."

Klaus Gaffron: "Wir stehen in einer Straße, die es nicht mehr gibt, vor einem Haus, das es nicht mehr gibt. An der Genthiner Straße endete früher die Steglitzer Straße, die heute Pohlstraße heißt. An dieser Stelle steht jetzt Möbel Hübner, und die ganze großbürgerliche Gegend, die hier mal war, ist in der Genthiner Straße kaum noch zu erkennen."

12.Juli.2017


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HIER IST DIE AUDIO-DATEI ZUM NACHHÖREN:

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