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Sinnsprüche für Lehrer, Schüler und Schulbehörden


Stadtteil: Schöneberg
Bereich: Friedenau
Stadtplanaufruf: Berlin, Albestraße
Datum: 5. August 2019
Bericht Nr.: 663

Vom Innsbrucker Platz strebt die Hauptstraße dem Walther-Schreiber Platz entgegen, vom Bundesplatz kommt im spitzen Winkel die Bundesallee hinzu. Diese drei Plätze umfassen den Teil Friedenaus, in dem wir heute unterwegs sind. Ich nenne ihn "Friedenauer Dreieck", obwohl hier kein Mangel einer Figur im Stadtgrundriss ist, gibt es doch schon die "Carstenn-Figur".

Die Friedenauer Mischung
Vorstädtische und großstädtische Miethäuser wechseln sich auf unserem Spaziergang mit Landhäusern ab, aus allen drei Phasen der baulichen Entwicklung Friedenaus stehen Bauten in erstaunlich friedlicher Koexistenz nebeneinander, als hätte es Phasen von "abreißen und größer neu bauen" nie gegeben. Friedenau begann 1871 als Landhaussiedlung. Johann Anton Wilhelm von Carstenn hatte die Kolonie gegründet.


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Der Bebauungsplan, den der Architekt Johannes Otzen aufgestellt hatte, sah keine Mietshäuser vor, nur Landhäuser und Stadtvillen. Es waren Backsteinbauten, die meist unverputzt blieben. David Born, der von Carstenn Grundbesitz erworben hatte und vermarktete, formulierte es so, "daß keine Fabriken, keine hochstöckigen Mietshäuser und Proletarierwohnungen gebaut werden dürfen".

Schon bald änderten sich wegen des Wohnungsmangels in der Stadt die Bauvorschriften. Durch die preußische Bauordnung von 1887 wurden plötzlich Mietshäuser mit bis zu fünf Etagen zulässig. Da mit Neubauten höhere Renditen zu erzielen waren, wurden Landhäusern abgerissen. Es entstanden "Mietzinshäuser", die dem Investor Mieterträge bringen sollten, aber keine Mietskasernen waren, in die man Arbeiter einpferchte.

Nach der Jahrhundertwende änderte sich die Ausrichtung der Bebauung erneut. Ab 1910 entstanden Mietshäuser mit Vorgärten, gut ausgestatteten großen Wohnungen, mit Personenaufzug, Dienstbotenaufgang, Dienstmädchenkammern, Zimmerrufanlagen mit Signalklappenkästen, alles für das gehobene Bürgertum.

Landhäuser als Backsteinbauten, daneben großstädtische Mietwohngebäude, mit historisierendem Fassadenschmuck oder glattgeputzt - in Friedenau gibt es viel Architektur zu entdecken. Manchmal ein exemplarisches Bild von vorher-nachher, wenn identisch gebaute Häuser - das eine mit historischer Fassade, das andere "entstuckt" - nebeneinander stehen. Und es sind einige - zu viele - Gebäude dabei, bei denen auf der Fassade vorhandene Figuren, Reliefs oder Medaillons beim Renovieren nicht sauber herausgearbeitet wurden, sondern unter einer dicken Schicht Spritzputz verschwinden.


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Architekt Max Nagel
Der Architekt Max Nagel hat in den 1880er Jahren fast alle Backstein-Landhäuser in Friedenau erbaut. Der Baustoff begeisterte ihn, "alle dem Wetter ausgesetzten Teile sind aus gutem und echtem Material hergestellt", anders als bei den Putzbauten, mit denen man "trostlose Erfahrungen" gemacht habe. Bis zur Jahrhundertwende hat Nagel auf diese Weise nicht nur die Architektur in Friedenau geprägt, sondern auch Bauten in Schöneberg, Steglitz und Lichterfelde geschaffen. Über den Lebenslauf von Max Nagel findet sich in den allgemein zugänglichen Quellen wenig oder gar nichts. Das scheint vielfach ein Problem der Gründerzeit in den Vororten zu sein, auch beim Amtsbaumeister Paul Opitz in Tempelhof und beim Gemeindebaurat J. Th. Hamacher in Oberschöneweide hatten wir eine dürftige Quellenlage bemerkt.

Friedrich-Bergius-Schule am Perelsplatz
"Gymnasium Friedenau" steht am Giebel der heutigen Friedrich-Bergius-Schule am Perelsplatz. Weiterhin krönen zwei schwer lesbare Sinnsprüche die Fassade, einer könnte für die Lehrer sein, der andere für die Schüler. "Wie die Saat, so die Ernte" - hallo liebe Lehrer, strengt Euch an, Wissen zu säen. Und: "Es fällt kein Meister vom Himmel" - aber, liebe Schüler, bemühen müsst ihr euch schon selbst.


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Einen dritten Spruch könnte man jetzt für die Schulverwaltung ergänzen: "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt" - Bürger können falsche Behördenentscheidungen zu Fall bringen. Wegen des akuten Lehrermangels bot die Schulverwaltung allen Berliner Schulleitern an, die Dienstzeit über das Pensionsalter hinaus zu verlängern. Den Direktor der Schule am Perelsplatz wollte die Verwaltung aber nicht weiter beschäftigen, obwohl dies eine der erfolgreichsten Sekundarschulen Berlins ist. Die Verwaltung begründete das mit "Rechtsverstößen", also nicht beachteten formale Vorgaben, die die Schulinspektion festgestellt habe. Manche sprachen sogar von einem Sumpf, nur die Eltern, Schüler und Bildungsexperten waren anderer Meinung. Eine begehrte Brennpunktschule mit geringer Zahl von Schulabbrechern, fast ohne Schulschwänzer, mit klaren Regeln für den Schulalltag, die auch durchgesetzt werden - nach einem öffentlichen Proteststurm hat sich die Verwaltung besonnen, der Schulleiter ist wieder eingesetzt worden.

Das neobarocke Schulgebäude wurde durch alliierte Bombenangriffe 1943 beschädigt und nach Kriegsende weitgehend wiederhergestellt. Während der Blockade Berlins stürzte 1948 ein "Rosinenbomber" der Amerikaner über Friedenau ab und schlug in der Handjerystraße gegenüber der Schule in ein Wohnhaus ein, beide Piloten kamen ums Leben. Bei dem Absturz wurde das Wohnhaus schwer getroffen, auch das Dach auf dem nördlichen Teil des Schulgebäudes wurde beschädigt.

Was hat es mit dem gleichzeitigen Gedenken der Schule an den Reformator Martin Luther und an Reichskanzler Otto von Bismarck auf sich? Im Vorgarten der Schule an der Handjerystraße steht eine bejahrte Stele, auf der - Rücken an Rücken - Reformator und Kanzler Kernsätze aufsagen: Luther: "Ein feste Burg ist unser Gott", auf der Rückseite Bismarck: "In Trinitate Robur (In der Dreiheit liegt die Kraft)“. Die "Dreiheit" ist eine Anspielung auf Bismarcks Wappen, das ein dreiblättriges Kleeblatt zeigt, umgeben von drei Eichenblättern. Die Stele stammt wohl aus der Bauzeit der Schule um 1901, über ihre erzieherische Wirkung ist nichts überliefert.

Radrennbahn Friedenau
Das Wagnerviertel rund um den Cosimaplatz ist ein ruhiges Wohnviertel. Vor 130 Jahren tobte hier der Bär auf einer Radrennbahn auf dem ansonsten noch unbebauten Gelände. Von 1897 bis 1904 wurden auf dem 500-Meter-Bahn-Oval Radrennen wie "Der große Preis von Berlin" oder das "Goldene Rad von Friedenau" gefahren. Im Winter zog eine Eisbahn die Berliner an.

Vom Ringbahnhof Bundesplatz (damals Bahnhof Wilmersdorf-Friedenau) strömten die Berliner in Scharen zu den Steherrennen, die Fahrkartenknipser an der Ringbahn bekamen Schwielen an den Händen. Erstaunlich, welche Attraktion die Rennbahnen für die Berliner waren, die Stadt war offensichtlich bis in die 1920er Jahre ein Mekka des Bahnradsports. Immerhin war der Radsport eine olympische Disziplin, der erste Wettbewerb wurde 1896 auf der historischen Marathonstrecke gefahren.

An vielen Orten wurden vor 1900 offene Radrennbahnen geschaffen, beispielsweise am Zoo, in Halensee (Heilbronner Straße), am Kurfürstendamm, in Zehlendorf (Fischerhüttenstraße), in Alt Treptow (Elsenstraße). Nach der Jahrhundertwende entstanden offene Rennbahnen am Kleistpark, in Plötzensee, in Spandau-Hakenfelde, am Olympia-Stadion (Deutsches Stadion), in Weißensee. Die Friedenauer Radrennbahn wurde 1904 durch die Bebauung des Wagnerviertels verdrängt. Im Bismarckviertel in Steglitz fand sie eine neue Heimat.

Die Friedenauer Radrennen fanden auch ein mediales Echo. 1904 wurde der Dokumentarfilm "Auf der Radrennbahn in Friedenau" gedreht. Eine Schellackplatte von 1906 trägt denselben Titel. Auf ihr spricht der Komiker Robert Steidl einen Sketch ähnlich dem bekannten Rennbahnbesuch "Ja wo laufen sie denn". Steidl - grauer Gehrock, grauer Zylinder - trat im Metropol-Theater am Nollendorfplatz und dem Apollo-Theater an der Friedrichstraße auf, war mit Otto Reutter und Paul Lincke befreundet. Steidls Berliner Evergreens wie "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" oder "Das haben die Mädchen so gerne" sind heute noch bekannt, sein Name geriet in Vergessenheit.

Wagnerviertel
Als der Cosimaplatz 1905 angelegt wurde, hieß er zuerst Wagnerplatz und war das Zentrum eines neu geschaffenen Wohnviertels, dessen Straßen nach Frauenfiguren aus Richard Wagners Opern benannt wurden: Brünnhilde, Elsa, Eva, Isolde, Kundry, Ortrud, Senta und Sieglinde. Ob das ein Vorläufer der Kampagne für weibliche Straßennamen war? Der Name des Meisters wurde erst 1935 ausgetauscht, um seine 1930 gestorbene Geliebte, spätere Ehefrau und schließlich Witwe Cosima Wagner zu ehren.

Im noch unbebauten nördlichen Friedenau zwischen Bundesallee und Handjerystraße sollte 1880 eine Gasanstalt errichtet werden. Eine Bürgerinitiative der Friedenauer Anwohner, der Terraingesellschaft und der Kirche konnte sich bei der zuständigen Teltower Behörde nicht durchsetzen. Erst Reichskanzler Bismarck stimmte ihnen zu, dass "Nachteile für die einen gesunden Aufenthalt" zu befürchten seien und versagte die Genehmigung. Die Gasanstalt wurde dann zwei Kilometer weiter nordöstlich angelegt auf der Roten Insel, ihr Gasometer ist weithin als Wahrzeichen sichtbar.

Die Berlinische Bodengesellschaft von Georg Haberland - die bereits am Bayerischen Platz ein gutbürgerliches Wohnumfeld geschaffen hatte - erwarb 1904 von der Gemeinde das Gelände, auf dem das Gaswerk errichtet werden sollte. Hier hatte sich inzwischen die Radrennbahn und mit ihr ein ganzer Sportpark ausgebreitet. Rennbahn und Sportpark wurden abgerissen, das Wagnerviertel entstand.

Friedenau hat noch mehr interessante Ziele. Auf früheren Spaziergängen haben wir das Dichterviertel durchlaufen, waren wir im Georg-Hermann-Garten und am Renée-Sintenis-Platz. Am Perelsplatz haben wir den Sintflutbrunnen erforscht und die Verwandlung des Bedürfnishäuschens zum Straßencafé gewürdigt. Das alles finden Sie unter dem Link Friedenau.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route:
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