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Hochspannung gebändigt und domestiziert


Stadtteil: Prenzlauer Berg, Stadtplanaufruf: Berlin, Kopenhagener Straße
Datum: 16. April 2010

Stadtteil: Kreuzberg, Stadtplanaufruf: Berlin, Paul-Lincke-Ufer
Datum: 27. April 2010

"Das Petersilienwurzelsüppchen ist klassisch aromatisch und von sämiger Konsistenz. Der Kalbsrücken auf Rübchen und Topinambur wunderbar gebraten. Höhepunkt ist das gebratene Filet vom Eismeer-Kabeljau auf Kraut und Rüben, eine kulinarische Seltenheit."

Nein, ich bin nicht zum Restaurantkritiker umgestiegen, aber in einem Abspannwerk aus den 1920er Jahren findet man manchmal nicht nur bemerkenswerte Industrie-Architektur und begeisternde Fotomotive, sondern auch ein mehrfach gelobtes Restaurant, wie das "h.h.müller" im Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer in Kreuzberg am Landwehrkanal. Die Lobesworte über die gute Küche sind also nicht von mir, sondern standen auf der Homepage des Restaurants (1).

Über zwei Fototouren in Begleitung eines Profifotografen möchte ich hier berichten: zum Abspannwerk Humboldt in der Nähe des Bahnhofs Schönhauser Allee und zum Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer (2).

1920 wurde Groß-Berlin gebildet, eine Vielzahl von Städten und Gemeinden um Berlin herum wurde in die Großstadt eingemeindet. Diese Eingemeindungen und die technische Entwicklung führten zu einem rasanten Anstieg der Stromnachfrage. Die Bewag (heute Vattenfall) baute deshalb ab 1924 das Stromverteilungsnetz völlig um. Von den Kraftwerken wurde der Strom über lokale Verteilungsstationen zu den Kunden geleitet. Die Abspannwerke, die zwischen Wohngebäuden oder in Wohngebieten errichtet wurden, transformierten den mit 60.000 Volt gelieferten Strom auf 3.000 Volt herunter. Umfangreiche Technik mit Transformatoren und Schaltanlagen waren notwenig, und von einem Kommandoraum aus wurde die Umspannung und Verteilung gesteuert.

Innerhalb von nur sieben Jahren von 1924 bis 1930 hat der Architekt Hans Heinrich Müller für die Bewag vierzig dieser Industriegebäude errichtet, ein unglaublicher Kraftakt auch angesichts der Tatsache, dass jedes Gebäude individuell geplant wurde. Die Fassaden streben wie in der Gotik himmelwärts, und auch von der Marienburg ließ der Architekt sich inspirieren. Gerade die beiden hier vorgestellten Abspannwerke sind wie Festungen nach außen abgeschlossen. Im Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer sind die Gebäudeteile wie bei Kirchen zu einem Längsschiff und einem Querschiff angeordnet, der Treppenturm erinnert an einen Glockenturm. Dieses Abspannwerk erhielt deshalb den Beinamen "Kathedrale der Elektrizität". Wenn man die Gebäude betritt, erkennt man, wie klar funktional sie gegliedert sind. Hinter dicken Mauern wurde die Hochspannung gebändigt und auf das haushaltsverträgliche Maß domestiziert.

Diese Anlagen waren teilweise bis in die 1990er Jahren in Betrieb, heute sind sie Denkmäler der Industriegeschichte. Nach jahrelangem Leerstand wurden sie umgebaut zu Eventlocations oder Büros. Beim Humboldt-Abspannwerk laufen diese Arbeiten gerade, die Fototour führt auf eine Baustelle. Am Paul-Lincke-Ufer wurde der Umbau bereits abgeschlossen, großzügige moderne Räume für das arbeiten und feiern sind hier vorhanden.

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(1) Das Lokal hat inzwischen gewechselt, jetzt steht "feine Berliner Art" beim "VOLT" auf der Speisekarte.

(2) Beide Abspannwerke war schon einmal Ziel unserer Stadtrundgänge:
a) Humboldt, Kopenhagener Straße: Unter dem Magistratsschirm
b) Paul-Lincke-Ufer: Kathedrale der Elektrizität

Abspannwerk Humboldt Kopenhagener Straße

Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer


Gesetzestreue Steinewerfer
Mauergedenkstätte, Marthashof