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Stadt der Warenhäuser


Stadtbezirk: Charlottenburg
Bereich: Kurfürstendamm
Stadtplanaufruf: Berlin, Adenauerplatz
Datum: 30.November 2009

Am Kurfürstendamm Ecke Uhlandstraße steht etwas verloren eine Vase mit farbigem Mosaik, unverkennbar im Stil der 1950er Jahre. Der Künstler Gerhard Schultze-Seehof hat hier im Jahr 1957 Mosaiksteine aus der teilweise kriegszerstörten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche verarbeitet und damit eine Erinnerung an den Wiederaufbau der in großem Ausmaß zerstörten Stadt geschaffen. An anderer Stelle hatte er 1954 eine "Trümmersäule" errichtet.

Berlin ist im zweiten Weltkrieg "so gründlich zerstört worden wie seit Karthago keine andere Großstadt" (Julius Posener), oder - wie es damals Berlinisch ausgedrückt wurde - "Berlin ist die Stadt der Warenhäuser, hier war'n Häuser und da war'n Häuser" (Ursula von Kardorff). Fünfzehn Prozent des Stadtgebiets waren total zerstört, in der Mitte Berlins war die Hälfte der Wohnungen nicht mehr vorhanden oder nicht mehr bewohnbar. 90 Millionen Kubikmeter Schutt war zu beseitigen, Straßen freizuräumen, Granat- und Bombentrichter zuzuschütten und vom Einsturz bedrohte Fassaden einzureißen. Trümmerberge wurden aufgeschüttet (Friedrichshain 'Mont Klamott', Humboldthain, Teufelsberg, Schäferberg, Insulaner). Trümmerloks zogen bis zu 15 Kipploren mit Schutt auf bis zu 45 Kilometer langen lose verlegten Schmalspurgleisen durch die Straßen Berlins. Mit Kähnen wurde Bauschutt ins Umland gebracht und dort in Sandlöcher und Kiesgruben geschüttet.

Arbeitsfähige Männer waren in der Gefangenschaft, wenn sie nicht im Krieg gefallen sind. Durch Kontrollratsgesetz vom 10. Juli 1946 ordneten deshalb die Besatzungsmächte die Beschäftigung von Frauen für die Bau- und Enttrümmerungsarbeiten an, dies war die Geburtsstunden der "Trümmerfrauen". Mit einfachsten Hilfsmitteln und unter größten körperlichen Anstrengungen gingen sie ans Werk, Frauen aus bürgerlichen Schichten genauso wie Arbeiterinnen. Sie holten Schutt, Balken und Mauersteine aus den Ruinen, klopften Mörtelreste von den Steinen, gaben sie von Hand zu Hand weiter zum Stapeln oder Abtransportieren, schoben die mit Schutt gefüllten Loren. Unter den „Hilfsarbeiterinnen im Baugewerbe", die für einen Stundenlohn von 0,72 Reichsmark arbeiteten, entwickelte sich ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Viele Frauen hatten diese Zeit nur als Übergangssituation bis zur Rückkehr ihrer Männer aus der Kriegsgefangenschaft gesehen, doch die tatkräftige Unterstützung der Heimkehrer blieb meist aus, zu sehr waren sie durch den Krieg physisch und psychisch mitgenommen. Die neuen Rollen der hart arbeitenden Frauen und der hilfs- und pflegebedürftigen Männer löste Konflikte aus, die Zahl der Scheidungen verdoppelte sich gegenüber der Vorkriegszeit. Wenn die materielle Sicherung durch die Ehe wegfällt, "so sehen erfahrene und realistische Frauen keine Veranlassung, ihre Freiheit und Selbständigkeit gegen Risiken einer Ehe einzutauschen" (Frauenzeitschrift Constanze, 1948). Doch das war noch nicht der Beginn der Frauenemanzipation, denn im Wirtschaftswunder nach der Währungsreform konnten Männer wieder die Rolle des Familienernährers einnehmen. Es gab regelrechte Kampagnen, um Männern die Arbeitsplätze der Frauen zu verschaffen (‘Doppelverdiener-Kampagne’: Entlassung verheirateter Frauen, deren Männer berufstätig sind). Unterstützt wurde das Bild der opferbereiten und hingebungsvollen Frau als verständnisvolle Lebensbegleiterin des Mannes von der konservativen Regierung Adenauer, insbesondere von Familienminister Wuermeling.

Anfang der 1960er Jahre waren die Trümmer weitgehend beseitigt. Die Baulücken wurden geschlossen, Bauten der Nachkriegsmoderne entstanden, die "Collage-City" aus alt und neu entstand. Heute ist nicht mehr sichtbar, ob Nachkriegsbauten ausgebombten Häusern nachfolgten oder ob der Modernisierungsdrang jener Jahre dazu führte, vorhandene Substanz abzureißen. Genauso kann man bei alten Bauten nicht auf Anhieb sagen, ob sie den Krieg überdauert haben oder angelehnt an ihre historische Form wieder aufgebaut wurden.

Unser Spaziergang heute ist ein Kudammbummel in der Vorweihnachtszeit. Wir beginnen am U-Bahnhof Kurfürstendamm und gehen bis zum U-Bahnhof Adenauerdamm. Im Pietrafitta in der Wilmersdorfer Straße genießen wir abschließend den zugewandten Service ("eine gute Wahl" obwohl ich nur eine Vorspeise bestelle) und das gute Essen.

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Mehr über den Kurfürstendamm finden Sie hier: Kurfürstendamm


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