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Mata Hari auf dem Flugfeld


Stadtteil: Spandau
Bereich: Heerstraße
Stadtplanaufruf: Berlin, Nennhauser Damm
Datum: 18. Oktober 2010

Wer auf der Heerstraße an der Bundesstraße B5 Richtung Hamburg am Berliner Ortsausgangsschild den ehemaligen Grenzkontrollpunkt sucht, wird nichts finden: Bis zur Wiedervereinigung endete West-Berlin bereits an der Bergstraße, der westliche Teil Staakens gehörte zu Brandenburg und wurde erst durch den Einigungsvertrag wieder an Berlin angegliedert. Zu dieser kuriosen Teilung Staakens kam es, weil die Briten bei der Aufteilung Berlins unter den Alliierten für ihren Flughafen Gatow Brandenburger Land brauchten und deshalb den Flughafen Staaken und West-Staaken an die Russen abtraten. Das Ortsausgangsschild hinter der Einmündung des Nennhauser Damms steht also erst seit 1990 hier, und auch der 1967 von L.Voigt geschaffene zottelige Berliner Bär wird zu DDR-Zeiten nicht auf dieser Höhe an der Heerstraße gestanden haben.

Die Russen ließen den Flughafen Staaken verfallen, sie nutzten für sich das Flugfeld in Dallgow-Döberitz. Der "Zeppelin-Gewerbepark" versucht nach der Wende, im ehemaligen Staakener Flughafen-Areal Betriebe anzusiedeln. An die Produktionsstätte von Zeppelin-Luftschiffen erinnert heute nur noch der Name. Gegründet wurde diese Werft 1915 im Ersten Weltkrieg, um Luftschiffe für das Kriegsministerium zu bauen, 12 Zeppeline wurden bis Kriegsende dann tatsächlich fertig gestellt. Außerdem baute man Riesenflugzeuge als Bomber ("Zeppelin Staaken R VI") und nach Kriegsende als Passagiermaschinen ("Zeppelin Staaken E4/20"). Der Versailler Vertrag hatte Deutschland jede militärische Aktivität untersagt, der inzwischen ausgebaute Flughafen in Staaken konnte aber zivil genutzt werden. Hier wurde 1938 der erste Non-Stop-Flug mit einem Lufthansa- Passagierflugzeug (Focke-Wulf „Condor“) gestartet, man flog nach New York und brauchte dafür 24 Stunden und 56 Minuten.

1923 zogen in die Zeppelin-Werft die Filmwerke Staaken ein, die bis zu 42 Meter hohen Luftschiffhallen waren ein ideales Filmatelier. Bis zur Schließung der Ateliers 1934 wurden hier berühmte Filme gedreht, allen voran Fritz Langs "Metropolis" und "M - Eine Stadt sucht einen Mörder ", aber auch die "Dreigroschenoper" und "Mata Hari". Über "Metropolis" schreibt die "Berlinische Monatsschrift: "In der großen Zeppelin- Halle wurde ein großer Teil der Einstellungen zu »Metropolis« gedreht. Gesichert ist, daß die Szenen mit der sogenannte Herz- Maschine des Architekten Erich Kettelhut, die eine wichtige Rolle in dem futuristisch angehauchten Film spielte, hier entstanden. Die Zeppelin- Bau GmbH konnte doppelt kassieren: für Mieteinnahmen und für den Bau von Filmkulissen. Ihre Rangierlokomotive, vervollständigt durch Boiler und Ventile, lieferte beispielsweise den effektvoll eingesetzten Rauch für jene gewaltige Super-Herz- Maschine; den »Moloch«, der mit Menschenopfern gefüllt wird."

Im Gewerbepark steht noch der Rest eines Abfertigungsgebäudes für den alten Flughafen. Das ehemalige Flugfeld ist teilweise zum Park umgestaltet worden. Auf der Heerstraße braust der Verkehr, doch auf dem ehemaligen Flugfeld ist es still, nichts erzählt die Geschichte von Militärfluggeräten, historischen Flügen und berühmten Filmen. Aber wir sind nicht nur für den Flughafen hier heraus gefahren, uns erwarten noch die traurigen Reste einer bekannten Siedlung.

Erwin Gutkind, der beispielsweise in Lichtenberg die Siedlung "Sonnenhof" entworfen hat, baute 1925 für Mitarbeiter des Flughafens Staaken 21 baugleiche Doppelhäuser und ein Einzelhaus als geschlossene Siedlung "Neu Jerusalem". Die Häuser bestehen aus mehreren differenziert gestaffelten Kuben. Die Erdgeschosse hatten helle, die Obergeschosse dunkle Außenflächen. In West- Staaken belegen, gehörte die Siedlung bis zur Wiedervereinigung zur DDR. Wie Häuser aussehen, die 85 Jahre lang der Witterung und den "gestalterischen" Eingriffen ihrer Bewohner ausgesetzt waren, können wir bei unserem Rundgang sehen. Erst wenn man das ursprüngliche Aussehen der Bauten kennt, erschließt sich die radikale Schönheit des sachlichen Bauens der 1920er Jahre. Man wünscht sich, dass diese Bauten nicht länger verfallen.

Am Nennhauser Damm mit der Meilensäule begann unser Rundgang, inzwischen sind wir am Brunsbütteler Damm angelangt und streben dem Regionalbahnhof Berlin- Staaken zu. In unglaublichen 15 Minuten sind wir am Bahnhof Zoo und landen mit unserem Wunsch, griechisch zu essen, im Terzo Mondo in der Grolmannstraße. Es gibt ihn immer noch, Kostas, griechisches Urgestein einer studentenbewegten Zeit. Das Lokal selbst erinnert in seinem Erhaltungszustand doch etwas an "Neu Jerusalem".


Im Landeanflug
Freiheit für die Auswanderer