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Verzauberung und Todesbeschwörung


Stadtteil: Mitte
Bereich: Festival of Lights
Stadtplanaufruf: Berlin, Unter den Linden
Datum: 9. Oktober 2023
Bericht Nr.:818

"Magische Lichterflut" und "Kreativität und kein Ende" hatte ich frühere Berichte über das jährliche "Festival of Lights" überschrieben, doch in diesem Jahr hält sich unsere Begeisterung in Grenzen. Bei dem Ausschnitt, den wir an der Straße Unter den Linden gesehen haben, gab es nur wenige Animationen, die sich von den jährlichen typischen Beleuchtungen herausragender Gebäude abhoben. Das Hotel de Rome, sonst Projektionsfläche langer Videostorys mit künstlerischer Einbindung der Fassade als Bildhintergrund, wurde überwiegend mit Videos bespielt, die auch auf beliebiger anderer Fläche gezeigt werden könnten.

Die offiziellen Beschreibungen zu den einzelnen Illuminationen schwelgen in Superlativen, die Lichtprojektionen seien ein "Zeichen für Vielfalt in der Gesellschaft". Wie das? Vor lauter "Faszinierung", "Verzauberung" und auch Todesbeschwörung verlieren die Texte die Haftung unter den Buchstaben. An der Schlossfassade - dem Humboldt-Forum - wird sogar - laut Begleittext - "künstlerisch die Begegnung mit dem Tod inszeniert". Geht man weiter, muss man mit noch Schlimmeren rechnen, die farbigen Lichtbündel am Marx-Engels-Forum erzeugen - so die Beschreibung - einen "Zustand zwischen Lebendigkeit und dem Leben nach dem Tod".

Irritiert hat uns der Kitsch, dem diesmal viel Platz eingeräumt wurde. Fünf Meter hoch sind Raupe und Schnecke, die - in farbiges Licht versetzt - voreinander stehen. Diese "imposanten Kunstwerke bereichern das Festivalgeschehen". Die Geste zweier Hände, die ein Herz formen - im täglichen Leben inflationsartig verwendet und auch als digitales Emoji anklickbar - ist als gigantisches beleuchtetes Kunstprojekt vorhanden, das für "Zusammenhalt in all unserer Vielfalt" steht.

Und Herzen überall. Sie laufen am Fernsehturm hoch und sind Pausenzeichen in einigen Video-Installationen. Ein knallrotes leuchtendes Herz, 4,50 Meter hoch, steht vor der Marienkirche. Es wird geraten: Man kann ein Foto oder Selfie machen und dies in den sozialen Netzwerken hochladen. Wie ungewöhnlich und kreativ! Auch bunte Engel laden zum Selfie ein, vor ihnen haben sich Schlangen von Besuchern gebildet. Im Nikolaiviertel steht die "kreative Interpretation einer Schaukel", jedenfalls wird eine beleuchtete Schaukel so angepriesen.


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Leider werden die Videos auch von Werbeeinblendungen unterbrochen. So fährt am Hotel de Rome plötzlich die blaue Kiste vom Wolt Lieferservice über die Fassade.

Architekturinszenierung
Mehrere Bauwerke sind in einer "Architekturinszenierung" zu sehen. Das ist die starre Diaprojektion von Farben oder Worten auf ein Gebäude. So beispielsweise an der Seitenwand der Staatsoper am Bebelplatz, bei der Kommode am Bebelplatz, an der Marienkirche und am Bahnhofsgebäude Hackescher Markt.


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Unsere Favoriten:
Was uns gefallen hat:

Hedwigs-Kathedrale
Die Hedwigs-Kathedrale zeigt sich unscharf, als würde sie sich verflüchtigen, um in eine andere Welt zu entschwinden. Eine begeisternde Inszenierung, hier deutet sich ein Bezug zum Jenseits an, aber bei aller Begeisterung für Grenzzustände des Lebendigen bleibt der Begleittext in diesem Fall wortlos und stumm.


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Marx-Engels-Forum
Das Marx-Engels-Forum ist in Dunkelheit versunken, die durch ein farbiges Lichtbündel durchdrungen wird. Die Strahlen treffen auf den wabernden künstlichen Nebel, und enden auf dem Rücken von Marx und Engels. Die Lichtkünstler, die die farbigen Strahlen in die Nacht senden, sprechen von "spiritueller Erhebung". Die Lichtstrahlen schälen aus dem Nebel Figuren und Formen hervor. Tatsächlich fühlen wir uns - auch ohne Erweckungserlebnisse - in eine irreale Welt versetzt.


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Fernsehturm
Der Fernsehturm kann endlich einmal echte Kreationen zeigen anstelle von aufwärts und abwärts bewegten Farbverläufen früherer Events. Er bildet auf seinem Schaft den Funkturm ab und danach den Eifelturm, eine brüderliche Geste. Und dann eine völlig neue Idee: Die Ränder des Turmschafts werden zu Engstellen eines Tunnels, zwischen denen sich Menschen hindurchzwängen.


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Trotz aller Desillusionierung bei vielen Installationen: Es gibt sie doch noch, die neuen kreativen Ideen.
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Von Tor zu Tor durch die Rosenthaler Straße
Halskrausen aus der Krausenstraße