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Versammlung von Kunstwerken auf dem Marktplatz


Stadtteil: Charlottenburg
Bereich: Krankenhaus Westend
Stadtplanaufruf: Berlin, Spandauer Damm
Datum: 23. April 2025
Bericht Nr.:861

Kunst kann zur Heilung beigetragen. Diese Erkenntnis führte dazu, Bildhauerwerke im Campus des Auguste-Viktoria-Krankenhauses in Schöneberg zu präsentieren, Die Idee hatte ein Chefarzt 1998 angesichts der Vielzahl unausweichlicher Todesfälle zu Beginn der AIDS-Epidemie. Ihm ging es darum, Kranken während ihres Aufenthalts "Trost und Genesungshilfe zu bieten und während der Grenzerfahrung einer Krankheit Denkanstöße zu geben". So entstand der Skulpturenpark mit ungefähr 30 Kunstwerken im Krankenhausgarten.

Im ehemaligen Westend-Krankenhaus - unserem heutigen Ziel - hat die Stiftung der Galeristen Brusberg zusammen mit der Schwesternschaft 2002 diese Idee aufgegriffen: "Kunst hilft, die Lebensfreude des Menschen zu wecken und seelischen Kräfte zu aktivieren". Auch hier wurde mit rund 30 Bildhauerwerken ein Skulpturengarten realisiert.

Das Klinikareal Westend ist im Gartenbereich symmetrisch angelegt und folgt dann den Erhebungen des Geländes mit Berg und Tal. Betritt man das Grundstück durch den Haupteingang, dann sieht man vor sich - auf der Aue symmetrisch verteilt - sechs kantige Gestalten. Sie sinnieren, gestikulieren und strecken ihre teils überlangen Glieder von sich.


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Sie haben auf der "Agora" zusammengefunden, benannt nach dem Versammlungsort (Marktplatz) der Antike, was für ein anschaulicher Titel. Die Plastiken wirken wie grobe Holzskulpturen, tatsächlich stellt der Künstler die Grundform aus Holz mit der Kettensäge her. Nach dem Bronzeguss erhalten sie eine holzartige Patina. Die Figuren mit raumgreifenden Bewegungen wirken kraftvoll und dynamisch, andere ruhen schwerfällig in sich. Bewegtheit oder geistvolle Haltung, das ist das Pendeln zwischen aktiven und passiven Seinszuständen. Als einzige hat die männliche Figur im Eingangsbereich keine Arme, dafür ist die Männlichkeit deutlich ausgeprägt. Auch bei den Frauenfiguren ist die Weiblichkeit vergröbert mit großen Brüsten betont. Dem Bildhauer Dietrich Klinge wird mit dieser den Raum beherrschenden Ausstellung eine eindrucksvolle Bühne geliefert.

Bildhauer Rolf Szymanski
Die Mehrzahl der Skulpturen auf dem Klinikgelände - doppelt so viele wie von Dietrich Klinge - stammt von dem Bildhauer Rolf Szymanski. Anders als bei der Agora werden sie aber nicht im Zusammenhang gezeigt, sondern sind auf mehrere Ebenen verteilt und stehen einzeln oder zu zweit. Es wirkt wie eine Hommage der Brusberg-Galeristen, die auch ein Werkverzeichnis von Rolf Szymanski herausgegeben haben und Plastiken von ihm im Angebot haben.

Szymanskis abstrakten Skulpturen sind oft "rücksichtslos verrätselt, seine paradoxen Formen scheinen unvollendet und unfertig. Seine Gestalten wuchern in die Höhe, einzelne Körperpartien sind angedeutet; andere Stellen bleiben gänzlich unkenntlich und bizarr, ein schroffes, kantiges Gesamtbild". (Zitat aus dem Begleittext der Galeristen).


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Konkreter wird es bei den beiden "Dresdner Frauen". dort werden die Verformungen quasi als Abbild der Verletzungen beschrieben, die die Menschen in Dresden bei den verheerenden Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg erlitten haben.

Das Frauenbild
Das Thema der meisten Skulpturen verschiedener Künstler im Park ist das Frauenbild, die Darstellung des weiblichen Körpers. Es ist das Bild, das sich Männer von Frauen machen, all diese Bildhauer sind männlich. In der Verherrlichung des Weiblichen wird auch männliche Begehrlichkeit sichtbar, besonders wenn die Körperlichkeit der Skulptur betont ist.


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In einer anderen Ausstellung über das Eros in der Kunst wurde über männliche Künstler gesagt, "sie haben den nackten weiblichen Körper geliebt, geformt und dem Publikum in den verschiedensten Medien präsentiert, mit Vorliebe in der passiven Rolle der Muse oder des Modells.".

Bildhauer Stefan Lides
Aber es gibt auch Bildhauer, die die Frauenfigur in kubistische Formen auflösen. Bei dem Werk "Sitzende" des Architekten und Bildhauers Stefan Ludes scheint die Figur von der umgebenden Architektur beeinflusst, die Sitzende wirkt expressionistisch. Ihre Haltung ist deutlich ausgeprägt, mit Kopf und Körper wendet sich dem Betrachter zu.


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Stefan Ludes hat zusammen mit seiner Frau eine Stiftung ins Leben gerufen, die Kunst und Kultur fördert. Im Garten der Villa Jacobs in Potsdam - vom Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné angelegt und heute UNESCO Weltkulturerbe - hat Ludes einen eigenen Skulpturenpark geschaffen.

Bildhauer Berndt Wilde
Mit derselben Idee kommt Berndt Wilde ("Große Liegende Westend") zu einem sehr viel abstrakteren Bildhauerwerk aus blockhaften Elementen. Bei genauem Hinschauen erkennt man den in der Fläche leicht betonten Kopf der Figur, bemerkt die angewinkelten Beine und eine Hand, auf die sich das Kinn stützt. Trotz der abstrahierten Formen bleibt der Bezug zum Gegenständlichen erhalten und das Motiv verstehbar. Der Künstler will die Wirkung des Kunstwerks auf den Betrachter anregen und herausfordern.


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Gesundheit
Auf einen heftigen Nieser von mir antwortet jemand "Gesundheit". Ich drehe mich um und sage: "Gesundheit? Da bin ich ja bei Ihnen gerade richtig". Er antwortet: "Da wollen Sie nicht hin, ich bin aus der Pathologie". Tatsächlich stehen wir vor Haus 19 mit dem Institut für Pathologie. Dort wird auf einer Gedenktafel an den Arzt, Lyriker und Essayisten Gottfried Benn erinnert, der 1912 als Arzt bei den Gerichtsmedizinern gearbeitet hat.

Gottfried Benn
Seine ärztliche Ausbildung erhielt Gottfried Benn bei den "Pepinieren", an der militärärztlichen Akademie in der Scharnhorststraße in Mitte (in dem Bau arbeitet jetzt das Wirtschaftsministerium). Es war das Leben freier Studenten, allerdings musste er sich als Gegenleistung für das Studium zum aktiven Militärdienst verpflichten.


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Mit 26 Jahre arbeitete er bei den Pathologen im Westend-Krankenhaus. Er führte dort in 2 Jahren annähernd dreihundert Sektionen durch. Die Konfrontation mit dem körperlichen Verfall, das Aufschlitzen lebloser Körper im Leichenschauhaus und die Schmerzensschreie im Geburtshaus als Themen in seiner radikalen Lyrik erregten großes Aufsehen, und machte ihn schlagartig bekannt. Else Lasker-Schüler, mit der er kurze Zeit eng befreundet war, schrieb über ihn und seinen Gedichtband "Morgue": "Er ist halb Tiger, halb Habicht ... ebenso herb wie derb, ebenso zart wie weich".

Das Unverzeihliche nicht vergessen
Auf dem S-Bahnhof Westend erinnert eine Bildergalerie an Opfer des Holocaust: Juristen aus Westend, die von den Nazis umgebracht wurden. "Stellvertretend für alle Juden und Widerstandskämpfer, die in Berlin-Westend lebten – ob laut oder leise". Ein Appell, das Unverzeihliche nicht zu vergessen. Den Bildern sind Lebensläufe in der Optik von Stolpersteinen beigegeben.


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Der Spandauer Damm regt uns an, für unser abschließendes Kaffeetrinken wieder in das Café des Museums Scharf-Gerstenberg einzukehren, wo man so schön im offenen Innenhof abhängen kann. Unser Blick fällt auf die Säulen des Gebäudes, die von einem Adlerkapitell bekrönt werden. Eine seltene Form des Kapitells, bei der sein Blattwerk von einem Adler beiseitegedrängt wird, der seine Flügel weit ausbreitet.


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Unsere Route:
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Das unbekannte Westend