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Hochwasser in Berlin?


Bereich: Infrastruktur, Wasser
Datum: 5. Juni 2024
Bericht Nr.:836

Die heftigen Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg machen uns betroffen. Menschen werden eingeschlossen oder fortgerissen, Autos werden übereinander gestülpt, Wohnungs- und Ladeneinrichtungen stapeln sich nach dem Ablaufen der Flut als Müllhaufen auf den Straßen. Die bange Frage; wie ist eigentlich Berlin gegen Hochwasser geschützt?

Ein Besuch in Rahndorf und seinem Ortsteil Neu-Venedig brachte uns schon 2013 mit dem Thema Hochwasser in Berührung. Sechs Inseln werden in Neu-Venedig von fünf Kilometern Kanälen umflossen und durch 13 Brücken miteinander verbunden. Da drängte sich die Frage auf, was passiert, wenn der Wasserstand stark steigt?

Geringes Bewusstsein für Hochwassergefahren
Damals hatte der Senat gerade einen Überflutungsplan aufgestellt, um die Innenstadt vor Hochwasser zu schützen, aber beruhigend dazu geschrieben: "In Berlin treten Hochwasser mit Folgen für die Bevölkerung selten auf. Dadurch ist das Bewusstsein für Hochwassergefahren eher gering".

Tatsächlich können wegen der verdichteten Flächen in der Stadt Niederschläge kaum in den Untergrund einsickern. Starke und anhaltende Gewitterschauer können dann rasch zu ansteigenden Hochwasserwellen führen. Uferzonen an den Flüssen sind immer von steigendem Wasser bedroht.

Verordnung über fünf Überschwemmungsgebiete
Der Senat hat das Thema 2018 neu angepackt und zum Schutz vor Hochwassergefahren per Verordnung fünf Überschwemmungsgebiete festgelegt, in denen "mindestens einmal in 100 Jahren Hochwasser zu erwarten ist": Spree, Havel, Panke,Tegeler Fließ/Erpe.


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Dort sollen Rückhalteflächen geschaffen werden und für das Abfließen des Hochwassers Vorsorge getroffen werden. Schadenspotentiale, die das Hochwasser verstärken können, und hygienische Belastungen wie die Verunreinigungen - auch mit "wassergefährdenden Stoffen" - sollen bedacht und beseitigt werden.

Urstromtal
Die Spree fließt von Köpenick durch Spandau in einer Vertiefung durch die Stadt, einem Urstromtal. Von den Hochflächen des Barnim im Norden und des Teltow im Süden geht es bis zu 15 Meter tiefer zum Urstromtal mit dem Hauptbahnhof oder der Museumsinsel. Wegen der dichten Bebauung kann man den Niveauunterschied meist nicht wahrnehmen.


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Im Prenzelberg kann man nördlich der Torstraße sehen, wie die Geschosse der Häuser die Steigung der Straßen Richtung Barnim ausgleichen. Dort steigt beispielsweise das Gelände von 42 Meter (Torstraße) auf 51 Meter (Lottumstraße) an.

In Kaulsdorf ist südlich der Bundesstraße 5 im Grünen ein Hang mit 15 Meter Höhenunterschied markiert, der "Berliner Balkon". Steht man oben an der Bundesstraße auf dem "Balkon", so ist von den Häusern der unter dem Hang verlaufenden Straße nur ein Teil der Dächer zu sehen. Auf Kaulsdorfer Seite heißt diese Straße passend "Am Niederfeld".


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Hochwassergefahren
Die Bundesanstalt für Gewässerkunde hat ein Kartenwerk herausgegeben, in dem die Hochwassergefahren und Hochwasserrisiken in Deutschland straßengenau abgelesen werden können. Es ist eine Einschätzung von Fachleuten, ob sich das Hochwasser daran hält, ist eine andere Frage.

In dem Kartenausschnitt von Oder und Elbe mit Berlin in der Mitte sind die Hochwasserpotentiale ganz klar bei den beiden großen Flüssen verortet. Berlin und das Binnenland zwischen den beiden Strömen sind wenig betroffen, lediglich der Müggelsee und der Wannsee sind prominent hervorgehoben.


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Erstaunlich finde ich, dass das Urstromtal nicht als Risiko eingeschätzt wird, könnte es doch wie eine riesige Badewanne Hochwasser der Spree in der Innenstadt verteilen. Dass so etwas nicht ausgeschlossen ist, zeigt der historische Rückblick auf Flutereignisse in Berlin, die zum Teil auf Postkarten aus jener Zeit abgebildet sind.

Historische Flutereignisse in Berlin
Die Panke, die durch Pankow und Wedding fließt und am Schiffbauerdamm in die Spree mündet, hat mehrfach verheerende Schäden angerichtet. 1830 wurde die Pankower Papiermühle (lag im heutigen Bürgerpark) durch ein Hochwasser zerstört, 1888 wurde in der Schulzendorfer Straße ein Hinterhaus durch die Fluten weggerissen, 1899 durchbrach die Panke eine Grundstücksmauer an der Chausseestraße Höhe Liesenstraße, 1902 riss das Panke-Hochwasser Brücken aus der Verankerung.

Auch die Spree erreichte mit hohem Wasserstand die Innenstadt. Im März 1583 führte sie Hochwasser, im März 1670 riss das Spreehochwasser die Schleuse am Stralauer Tor (zwischen Jannowitzbrücke und Mühlendammbrücke) weg. 1674 wurden gegen das Hochwasser von Spree und Panke zwei Dämme an der Friedrichstraße nördlich der Spree angelegt am heutigen Schiffbauerdamm.

Ein verheerendes Unwetter traf Berlin im April 1902, die gesamte Innenstadt wurde überschwemmt. Besonders betroffen waren Yorkstraße und Friedrichstraße, wie alte Abbildungen zeigen. Die Wolkenbrüche waren so stark, dass sie Häuser zum Einsturz brachten und Straßen unterspülten. Die Straßen wurden bis zu einer Höhe von einem Meter überflutet.


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Eine Karrikatur zeigt: Wer kein Fuhrwerk fand, konnte sich vielleicht über die Friedrichstraße tragen lassen, das kostete einen Groschen für die Dünnen, sechs Dreier für Dicke.

Das ist mehr als 120 Jahre her, aber wenn laut Statistik "mindestens einmal in 100 Jahren Hochwasser zu erwarten ist", sollten wir auf solche Unwetter vorbereitet sein.
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