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Volkseigenes Bier


Stadtteil: Treptow
Bereich: Niederschöneweide
Stadtplanaufruf: Berlin, Fließstraße
Datum: 29. Oktober 2012

Trinkst Du Schultheiss-Pils oder Bärenpils? Aus der Antwort auf diese Frage konnte man ziemlich genau ablesen: Bist Du Ossi oder Wessi? In Schöneweide an der Schnellerstraße produzierte die (Ost-)Berliner Bärenquell-Brauerei das Bärenpils, Schultheiss-Pils kam aus Kreuzberg in West-Berlin. Auf einer Biertest-Seite im Internet wird von einem Fan gelobt, Bärenpils sei ein "mächtig herbes Berliner Pils, weniger jauchig und kantig als Schultheiss, mehr Charakter als Kindl". Einen Unterschied gibt es also immer noch. Dabei gehörten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs beide Brauereistandorte zum Schultheiss-Konzern, der sich aus kleinen Anfängen schnell zum größten Bierbrauer entwickelt hatte.

1842 gegründet, war Schultheiss bereits knapp 50 Jahre später die größte Brauerei Deutschlands. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs arbeiteten 2.800 Menschen hier, vor dem Zweiten Weltkrieg waren es mehr als doppelt so viele. Zu diesem Zeitpunkt gehörten 11 Brauereien zum Konzern. In West-Berlin kamen zwei Drittel des Bieres von Schultheiss. Ost-Berlin war mit der Gründung von Volkseigenen Betrieben (VEB) seinen eigenen Weg gegangen, im VEB Getränkekombinat Berlin wurden die Bierbrauereien gebündelt, dazu gehörte auch die Bärenquell-Brauerei an der Schnellerstraße.

An der Berliner Straße (heute Schnellerstraße) - einem der ältesten Verbindungswege zwischen Köpenick nach Berlin - beginnt 1882 die "Borussia Brauerei" mit der Bierproduktion, schon 16 Jahre später wird sie von Schultheiss geschluckt. Über 100 Jahre lang wird jetzt hier Bier gebraut, werden die Produktionsanlagen immer wieder modernisiert, wird die Bierherstellung industrialisiert. Immer mehr Gebäude entstehen um das zentrale Sud- und Maschinenhaus herum: Lagergebäude (Flaschenlager, Bierlager mit Kühlturm, Flaschenbierkeller, Fasslager, Fassholzlager, Eiskeller), Verwaltungs- und Wohngebäude, Werkstattgebäude. 1994 endet die Produktion, seitdem wartet das historische Bauensemble auf eine Nachnutzung, die seiner Bedeutung gerecht wird, schließlich ist sein "Beamten-Wohnhaus" von 1882 nicht nur das älteste Gebäude der Brauerei, sondern ganz Niederschöneweides.

Im Juli ist ein Brauereigebäude ausgebrannt, die Feuerwehr rettete drei Personen vom Dach. Fotoserien im Internet beweisen, dass man einen Zugang zum Innern der Gebäude finden kann. Die "Underground Nightmare Berlin" bespielte die Brauerei (ebenfalls im Juli) mit Technomusik.

Schöneweide war ein bedeutendes Industrierevier. Nördlich der Spree, in Oberschöneweide, lag ein Elektropolis-Standort, ein Zentrum der Elektrifizierung und Elektroindustrie Berlins (--> 1). Der eigentliche Ortskern liegt in Niederschöneweide südlich der Spree, hier entstand die städtische Infrastruktur. Hier produzierten die Borussia-Brauerei, die Hüttenwerke Niederschöneweide und eine Textilverarbeitungsfabrik. Der 1902 gegründete Hüttenbetrieb wurde 1929 mit den Hüttenwerken Kayser & Co verschmolzen, Schwerpunkt war die Rückgewinnung von Kupfer aus kupferhaltigem Altmaterial.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs demontierten die Russen einen Teil der Anlagen als Reparationsleistungen. Die DDR bildete aus dem Hüttenwerk und anderen Betrieben der Messing- und Metallverarbeitung einen Volkseigenen Betrieb, der einen unaussprechlich langen Namen bekam. In der DDR spielte das keine Rolle, es wurde heftig abgekürzt (beispielsweise DSF = deutsch-sowjetische Freundschaft oder OdF = Opfer des Faschismus), deshalb hieß der "VEB Berliner Metallhütten- und Halbzeugwerke" einfach nur "BMHW". Die Werke lagen beiderseits der Spree, in der Fließstraße in Niederschöneweide wurden Kupfer, Aluminium, Zink und Blei erzeugt, 2.300 Arbeiter bedienten in drei Schichten die Hoch- und Schmelzöfen im Dauerbetrieb. Ruhig und friedlich dämmert das Fabrikgelände in der Fließstraße heute vor sich hin, die Zeiten der Umweltverschmutzung durch Abgase und Kühlwasser sind vorbei, aber wer möchte schon ein Gelände nutzen, das bis zur Oberkante verseucht sein dürfte? Das Kulturhaus des VEB nebenan hatte ein Nachleben als „CiSch-Klub“, aber das scheint auch der Vergangenheit anzugehören.

Das Zentrum von Niederschöneweide wirkt wie eine belebte Kleinstadt, aber es hat zwei Gesichter. Da ist einmal das Stadtzentrum mit Gemeindeamt, Schule, Kirche, Feuerwehr, Bahnhof, Postamt, Pumpwerk und Bürgerhäusern aus der Zeit um 1900. Andererseits gibt es hier ein Fremdarbeitslager aus der Nazizeit (heute Dokumentationszentrum) und - sozusagen als aktuelle Anknüpfung - Anlaufpunkte der rechten Szene wie das Lokal „Zum Henker“. Der Verfassungsschutz spricht von einem "rechtsextremistischen Brennpunkt" in Schöneweide. Anwohner-Initiativen wehren sich dagegen beispielsweise durch einen Putzspaziergang zur Entfernung rechter Propaganda.

In der Fennstraße stehen zwei bemerkenswerte Bauten des Expressionismus. Das Postamt Niederschöneweide mit unterschiedlichen Rundbogenfenstern und rechteckigen Fenstern in den einzelnen Etagen, die Fassade mit spitzwinkligen Pfeilern und den Farben weiß, grau und schwarz markant gestaltet. Und das Gebäude der AOK mit einer vertikal gegliederten Klinkerfassade, in der die Klinker selbst noch plastische Ornamente bilden. Ebenfalls in den 1920er Jahren entstand die Spreesiedlung, die Mebes und Emmerich (--> 2) in der Architektursprache der Neuen Sachlichkeit errichtet haben.

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(1a) Elektropolis: Das fünfte Element
(1b) Oberschöneweide: Die schöne Weyde an der Spree
(2) Architekt Paul Mebes: Mebes, Paul


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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route:
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