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Brunnen wandern durch Berlin


Stadtteil: Köpenick
Bereich: Hirschgarten
Stadtplanaufruf: Berlin, Weg zur Quelle
Datum: 4. Mai 2015
Bericht Nr: 505

Die Wiener Wasserwerke haben den Berlinern 1993 einen Trinkbrunnen geschenkt ("Den Durstigen der Stadt Berlin"). Er steht an prominenter Stelle Kudamm Ecke Grolmanstraße. Im Gegenzug schickten die Berliner Wasserwerke einen Trinkbrunnen nach Wien. Das ist wahrlich nicht der einzige Berliner Brunnen, der auf Wanderschaft gegangen ist. Von den 300 Brunnen der Stadt Berlin haben mehr als zehn vorübergehend oder dauerhaft ihren angestammten Platz verlassen (müssen), sie sind innerhalb der Stadt umgesetzt worden.

Das Ringen um den Neptunbrunnen wird seit Jahren öffentlich ausgetragen. Er steht jetzt vor dem Roten Rathaus - soll er zum Schloss zurückkehren, das gerade als historische Attrappe wieder aufgebaut wird? "Der Neptunbrunnen gehört vor das Schloss", fordert der Förderverein. "Es wäre ein Fehler, ihn jetzt zu versetzen", meint unsere Stadtbaudirektorin Frau Lüscher.

Hat es da der Venezianische Brunnen besser, der im Garten des Ausflugslokales Schloss Brüningslinden in Kladow stand? Im Jahr 1972 wurde das Gebäude abgerissen, der Brunnen wanderte zum Innenhof des Wilmersdorfer Rathauses am Fehrbelliner Platz. Er wurde saniert, eingelagert und vergessen, aber inzwischen ist er wieder in Kladow aufgestellt worden, diesmal beim Heimatverein.



Der Wrangelbrunnen mit Allegorien der preußischen Hauptflüsse Weichsel, Rhein, Oder, Elbe musste den Kemperplatz verlassen, weil der letzte Kaiser dort ein Rolanddenkmal als markanten Endpunkt seiner Siegesallee ("Puppenallee") sehen wollte. Der Brunnen steht jetzt auf dem parkartigen Mittelstreifen der Grimmstraße an der Urbanstraße in Kreuzberg.

Das Hotel Alt Bayern an der Potsdamer Straße auf Höhe des heutigen Kulturforums hatte nicht nur einen Minnesänger-Saal, sondern seit 1904 als besondere Attraktion auf einem Innenhof - dem Löwenhof - den St.Georg-Brunnen. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hotel beschädigt, die Skulptur des namensgebenden St.Georg ging irgendwann durch Diebstahl verloren.

Im Jahre 1969 wurde der mehrstöckige Brunnen zur Badewanne: Die Rockband Tangerine Dream veranstaltete auf dem Brunnen ihre "Bathtub Session". 1975 wurde das Gebäude gesprengt, der Brunnen blieb erhalten.

Der St.Georg-Brunnen ohne St.Georg steht seitdem an der Wilmersdorfer Straße am Hindemithplatz. So etwas kennen wir schon in Berlin: Bismarckdenkmal ohne Bismarck oder Lenindenkmal ohne Lenin.



Der Schillerbrunnen von Reinhold Begas auf dem Gendarmenmarkt hat nicht seinen Schiller, aber die Funktion als Brunnen verloren. Als im Dritten Reich der Gendarmenmarkt zum Aufmarschplatz umgestaltet wurde, musste Schiller in den Lietzenseepark weichen, die restliche Skulpturengruppe wurde eingelagert. Im Zusammenhang mit der 750-Jahrfeier Berlins hatten sich Ost-Berlin und West-Berlin auf den Austausch einiger Kulturgüter verständigt. Schiller kehrte zum Gendarmenmarkt zurück, die Wasserspeier aber bleiben seitdem trocken. Eine Kopie des Schillerdenkmals gibt es übrigens im Weddinger Schillerpark.

Der Schinkelbrunnen in der Fußgängerzone Alt-Tegel stand früher vor der Universität der Künste, der Spindlerbrunnen vom Spittelmarkt wanderte während des U-Bahnbaus zum Krankenhaus Köpenick, der Schalenbrunnen im Monbijoupark stand mal neben der Staatsoper, der Brunnen am Georg-Kolbe-Museum wurde vom Garten des Bankiers Stahl in Berlin-Dahlem hierher versetzt. Den Sintflutbrunnen zeigte man 1896 voller Stolz im Deutschen Pavillon der Pariser Weltausstellung, danach kam er zum Perelsplatz. Dramatisch wird die Sintflut verkörpert: Eine Frau mit Kind auf dem Schoß hat den rettenden Gipfel erklommen. Ein Mann mit einer leblosen Frau im Arm versucht ebenfalls, von Wasserströmen umgeben, nach oben zu gelangen.

Ein Berliner Brunnen ist sogar erst auf der documenta in Kassel ausgestellt worden, bevor er - sprühend vor Witz - das Neubaugebiet der IBA 1984/87 an der südlichen Friedrichstraße erreichte. Aus einer Nichtgeburtstagskaffeekanne (so der Name des Brunnens) ergießt sich ein Wasserstrahl in die daneben stehende Tasse. Im Theodor-Wolff-Park kann man diese Schöpfung von Professor Heinrich Brummack sehen, die verspielt, ironisch und leicht subversiv hervorragend zu den Postmoderne-Bauten der IBA passt.



Im Köllnischen Park steht ein Neo-Renaissance-Brunnen, der schon lange nicht mehr sprudelt. Nach der geplanten Restaurierung des Parks soll er wieder in Betrieb genommen werden. Der Brunnen wurde hierher versetzt von der Villa Hirschgarten an der Müggelspree. Der Liegenschaftsfonds hatte 2002 die 130 Jahre alte klassizistische Villa so angepriesen: "Gut erhalten wurde der prächtige Fassaden-Schmuck ebenso wie die originalen Stuck-Decken im Inneren des Hauses. Aus dem Erker bietet sich ein herrlicher Blick auf den weitläufigen Park des Anwesens und die Müggelspree". Der Käufer lässt die Villa bisher vor sich hin dämmern, auch der geplante Uferzugang für die Öffentlichkeit ist bisher nicht realisiert worden.

Und damit sind wir bei unserem heutigen Stadtspaziergang in Hirschgarten, einer Siedlung in Friedrichshagen. Der Architekt Eduard Titz hat die Villa Hirschgarten entworfen. Von den klassizistischen Bauwerken Schinkels beeinflusst, baute Titz Geschäftsbauten, Kulturbauten wie das Deutsche Theater, Hotels und Wohnbauten. Auch den Bebauungsplan für die Villenkolonie Hirschgarten hat Titz entwickelt. Ein Bankier entdeckte 1870, dass Hirschgarten an der Müggelspree ein schöner Ort ist, um dort eine Villa zu bauen und später noch eine zweite. Den Hirschacker - ein Wiesengelände - hatte er geerbt. Als sein Eigenkapital aufgebraucht war, gründete er die „Union Baugesellschaft auf Actien“ als Terraingesellschaft, um die Siedlung nach dem Bebauungsplan von Eduard Titz zu entwickeln. Nach diesem Plan wurde ein zentraler Platz geschaffen, auf den alle Straßen sternförmig zugehen. Später wurde hier ein Obelisk aufgestellt und der Platz nach dem Bankier in Hirteplatz umbenannt.

Die Admiralsgarten-Bad Aktiengesellschaft, die bereits in der Friedrichstraße ein Bad über der dort entdeckten Solequelle betrieb, bohrte auch am Hirteplatz in Hirschgarten und stieß in 318 Metern Tiefe auf die ersehnte Sole. Zwanzig Jahre lang konnte das am "Weg zur Quelle" errichtete Bad bei "rheumatischen Affectionen jeder Art, englischer Krankheit, Gicht, Krankheiten des Nervensystems, Katarrhen der Schleimhaut" helfen, dann versiegte die Quelle nach und nach. Genau wie in Hermsdorf, Johannisthal oder Gesundbrunnen war der Traum von einem mondänen Badeort in Berlin auch in Hirschgarten ausgeträumt.

Der S-Bahnhof Hirschgarten liegt nördlich des Fürstenwalder Damms und auch nördlich des Neuenhagener Mühlenfließes (Erpe), eines Nebenflüsschens der Spree. Die Wiesen des Erpetals kann man zu Fuß durchlaufen, für Autos gibt es aber keine direkte Nord-Süd-Verbindung von der Bahn zur Villenkolonie. Die Straße Zur Güterbahn, die am Brandenburg-Platz abgeht, trägt eine historische Bezeichnung. Hier gibt es keinen Güterbahnhof mehr, und auch die Gleise, die von hier zum Kabelwerk Köpenick führten, enden im Nichts. Die Industriegebäude am Güterbahnhof an der Seelenbinderstraße haben aber neue Nutzer gefunden.

Auf dem Weg von Hirschgarten nach Friedrichshagen stoßen wir auf die Badestelle "Kamerun". Der Ortsteil Neu-Venedig östlich des Müggelsees wurde zu Anfang Neu-Kamerun genannt. Man kann vermuten, dass das afrikanische Land in seiner Zeit als deutsche Kolonie Namensgeber wurde. Von 1884 bis 1916 stand Kamerun unter deutscher „Schutzherrschaft“. Von 1911 bis 1919 kam Neukamerun hinzu, nachdem der deutsche Kaiser mit dem "Pantherspung nach Agadir" den anderen Großmächten seine Kolonialansprüche in Afrika deutlich zu machen versuchte. Nicht sehr erfolgreich, und mit dem Ende des Ersten Weltkriegs war sowieso alles vorbei, mit Kaiser und mit Kolonialreich.

Zum Schluss zieht es uns in die Bölschestraße nach Friedrichshagen, wo wir beim Italiener unser abschließendes Flaniermahl genießen.

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... ACHTUNG, es folgen ZWEI Bildergalerien ...
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... und hier sind weitere Bilder ...
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Unsere Route
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Ein Weg wird zur Straße
Ein seltener Fang