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Sein größter Sieg war nicht die Liebe


Stadtteil: Tempelhof
Bereich: Neu-Tempelhof, Fliegerviertel
Stadtplanaufruf: Berlin, Manfred-von-Richthofen-Straße
Datum: 7. April 2008

"Der Rote Baron" - das Filmplakat an der Litfaßsäule wirbt für den Film über Manfred von Richthofen. Ein hübscher Gag, denn die Litfaßsäule steht am Beginn der Manfred-von-Richthofen-Straße gegenüber dem Platz der Luftbrücke. Hier beginnt die "Gartenstadt Neu-Tempelhof" auf einem Teil des ehemaligen Exerzierplatzes Tempelhofer Feld. Auf einem anderen Teil des ehemaligen Paradeplatzes wurde nach seiner Umwidmung Anfang des 20.Jahrhunderts der Flughafen Tempelhof errichtet.

Neu-Tempelhof, die größte gemeinnützige Siedlung der 1920er Jahre in Tempelhof, wurde später am "Tag der Deutschen Luftwaffe" der Schauplatz einer massenhaften Straßenumbenennung. Am 21.April 1918 war Richthofen bei einem Luftkampf abgeschossen worden, am 21.April 1936 wurden auf Initiative des "Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe", Hermann Göring, 16 Straßen in dieser Siedlung nach "Fliegerhelden" des I. Weltkrieges benannt. Seitdem heißt Neu-Tempelhof auch "Fliegersiedlung".

Bei unserem Rundgang über Manfred-von-Richthofen-Straße, Boelckestraße und Paradestraße studieren wir die Hinweise, die an den Straßenschildern der angrenzenden Straßen über die Namenspatrone informieren. Es ist ein Gefühl wie auf dem Friedhof, wo man Familienschicksale von den Grabsteininschriften erahnen kann: die meisten dieser "Fliegerhelden" sind mit Mitte zwanzig im ersten Weltkrieg gestorben. Begeistert von den neuen Fluggeräten haben sie, mit Fliegerbrille und Pilotenkappe in der offenen Fokker sitzend, gegnerische Maschinen abgeschossen, bis sie selbst vom Himmel geholt wurden. Der erfolgreichste Jagdflieger des ersten Weltkrieges war Richthofen. Die höchste deutsche Kriegsauszeichnung "Pour le Mérite" wurde ihm für seine Einsätze mit der rotlackierten Maschine verliehen, der er den Namen "Roter Baron" verdankt.

Innerhalb von 20 Monaten tötete er 75 feindliche Flieger, er schoss nach eigenem Bekunden nie das Flugzeug, sondern immer den Piloten ab. Nicht das Fliegen, der Luftkampf war sein Lebensbedürfnis. In seiner Autobiografie schrieb er aber auch: "Mir ist nach jedem Luftkampf erbärmlich zumute. Wenn ich meinen Fuß auf dem Flugplatz wieder auf den Boden gesetzt habe, dann mache ich, dass ich in meine vier Wände komme, will niemand sehen und von nichts hören. Ich glaube, so ist es wirklich, es ist nicht so, wie die Leute in der Heimat sich das vorstellen, mit Hurra und Gebrüll, es ist viel ernster, verbissener."

"Sein größter Sieg war die Liebe", wird in dem jetzt angelaufenen Film behauptet, aber die Realität ist banaler, es gab keine Frau in seinem Leben. Der Krieg hatte ihn und die anderen Flieger, nach denen im Fliegerviertel die Straßen benannt sind, für hehre Werte wie Vaterland und Heldentum verbraten. Die Initiative von Anwohnern, den Straßen andere Namen zu geben als die von "Fliegerhelden", kann ich nicht unterstützen. Heute denkt keiner an eine "große Vergangenheit" bei diesen Straßenschildern, wie der "Völkische Beobachter" 1936 prophezeite, eher an das Elend der Kriege und die jungen Menschen, die für falsche Ideale in den Tod geschickt wurden.

Zurück zu unserem Rundgang: Den Eingang zum Fliegerviertel gegenüber dem Platz der Luftbrücke beherrschen zwei runde Wohnbauten, deren Fassaden mit mächtigen Säulen stark vertikal gegliedert sind. Sie wurden von Bruno Möhring entworfen, dessen weiteres Gestaltungskonzept der Siedlung allerdings nicht verwirklicht wurde. Zu dem Fliegerviertel gehört ein kleiner Park, der als Ring angelegt ist, und die Pauluskirche, eine Rundkirche, in der Altar, Kanzel und Orgel übereinander angeordnet sind. Vorbild des Kirchenbaus war die Johanneskirche an der Lichterfelder Ringstraße.

Ein heftiger Regenguss treibt uns durch die Paradestraße zum gleichnamigen U-Bahnhof. Die hier mit Torbögen gestaltete Eingangssituation zum Fliegerviertel bleibt wegen des vielen Wassers von oben unfotografiert. Am Mehringdamm finden wir einen Inder, der den beim Rundgang entstandenen Hunger notdürftig, aber schmackhaft stillt.



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Bären im Oberland
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