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Anmut und Größe, gerundet, aber unvollkommenen |
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Stadtteil: Schöneberg Bereich: City West Stadtplanaufruf: Berlin, An der Urania Datum: 12. Dezember 2024 Bericht Nr.:853
Wenn ein Bagger ein Hochhaus zernagt, bleiben nicht nur kleine Kinder stehen. Auch die Flaneurin und der Flaneur schauen interessiert zu, wie sich ihre Stadt verändert. In Schöneberg zwischen Wittenbergplatz und Lützowplatz gibt es Abrissarbeiten, die unser Interesse wecken. Die Straße, an der die Urania liegt, befindet sich offensichtlich im Wandel.
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Im Geschwindigkeitsrausch Die Lietzenburger Straße beginnt am Olivaer Platz als normalbreite Stadtstraße mit 2 Fahrspuren. An der Uhlandstraße weitet sie sich zu einer vierspurigen Straße mit einem Mittelstreifen aus. Von der Ansbacher Straße an wird der Mittelstreifen zu einer immer weiter ausladenden Grünfläche, bis sich die Lietzenburger in kühnem Schwung nach links wendet, um an die Straße vor der Urania mit ihren 6 bis 8 Fahrstreifen und einem überbreiten Mittelstreifen anzudocken.
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Die psychologische Wirkung des sich beharrlich weiter öffnenden Straßenraums liegt auf der Hand: Der Autofahrer wird animiert, das Tempo immer mehr zu erhöhen. Genau das war auch das Ziel dieser "übergeordneten Planung", als Schnellstraße führte die Lietzenburger auf eine Stadtautobahn, die nach der Vorstellung der Planer als "Südtangente" den Namen "Bundesstraße S" bekam. Drei weitere Bundesstraßen E, R und Z sollten das Stadtgebiet durchpflügen und die gewachsene Struktur radikal zur autogerechten Stadt umbauen.
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Umbau zur autogerechten Stadt Die Bomben des Zweiten Weltkriegs haben an der Nettelbeckstraße eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Kriegsschäden in diesem Bereich waren so gewaltig, dass kaum Bauten erhalten geblieben sind, der Rest waren teilzerstörte Gebäude. Das machte es den Stadtplanern leicht, dort die Bedürfnisse nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer zugunsten des Autoverkehrs zu übergehen.
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Ursprünglich bildeten Nettelbeckstraße und Coubièrestraße mit der Kleiststraße ein Dreieck. Es war ein gründerzeitliches Viertel mit vornehmer Eleganz, die Häuser hatte Balkone mit schmiedeeisernen Brüstungen, Erkern und dekorativen Stuckelementen, so wie es beim erhalten gebliebenen Mietshaus Courbièrestraße 6 von 1886 in der Denkmaldatenbank beschrieben wird. Heute endet die Courbièrestraße im Norden als Einbahnstraße vor einem Hochhausriegel und hat als Mischung von Neubebauung und wenigen Altbauten ihren Charakter verloren.
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Die Nettelbeckstraße - jetzt An der Urania - wurde in den 1960er Jahren gnadenlos soweit verbreitert, dass der ursprüngliche Verlauf nicht mehr im Stadtplan abgelesen werden kann. Platzfressend und menschenabweisend, denn das Auto sollte hier den Ton angeben. Für LKWs sollte eine neue Hochstraße in der Straßenmitte gebaut werden, die Straße darunter war für PKWs vorgesehen. Auf der Westseite der Straße wurde eine "Hochhauswand" errichtet, die den Bereich zur City abschottete.
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Der Maßstab der Straße an der Urania ist nicht mehr zeitgemäß, trotzdem wird nach Abriss der Nachkriegsbauten am alten Platz wieder eine neue Hochhausreihe aufgebaut. Die vier Bürokomplexe der 1960er/70er wurden oder werden abgerissen und durch Hochhäuser ersetzt, die Grundstücke sind viel zu wertvoll für eine Bereinigung des Straßenrasters. Den Stadtraum um die Urania zu verkleinern, sei "utopisch", erklärte die Senatsbaudirektorin Lüscher, außerdem sei die Bauverwaltung auf 30 Jahre hinaus ausgebucht. Prioritäten zu setzen, war außerhalb ihrer Vorstellung.
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Die Idee, den breiten Mittelstreifen aufzugeben und auf der Ostseite auf Kosten der überbreiten Straße Bauflächen zu gewinnen, die einen Blockrand-Abschluss bilden, hat dann auch das Bezirksamt verworfen. Die Kreuzung Kurfürsten-, Schillstraße und An der Urania bleibt weiterhin von Verkehrsschneisen geprägt. Durch zwei 60 Meter hohe Neubauten an der Westseite soll eine Art Torsituation zur City West eingerichtet werden mit dem Blick in die Kurfürstenstraße.
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Entwicklungsmöglichkeiten für Hochhäuser Doch der Blick auf die uneinheitliche Bebauung der Kurfürstenstraße ist nicht beglückend, das Argument soll wohl eher die zwei Hochhäuser rechtfertigen. Schließlich hatte die Senatsbaudirektorin schon 2021 zum Hochhauskonzept City West gesagt, dass man rund um die Urania "Entwicklungsmöglichkeiten für Hochhäuser" sieht.
Mit dem Dorland-Haus gegenüber der Urania begann Anfang der 1960er Jahre die Stadt ein neues Gesicht nach Bombenschäden und Teilung zu erhalten. Die nach Norden anschließenden Hochhäuser in "zeitgenössischer, offener Bauweise" stellen dagegen keinen besonderen Blickpunkt dar. Die ganze Reihe wird jetzt abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Die vier Neubauten sehen vor allem Büronutzungen vor, obwohl auf dem Markt keine Büros, sondern Wohnungen stark nachgefragt werden. Wollen die Investoren hier Bauruinen schaffen?
Weil viele Büro- und Gewerbeflächen leerstehen, wollte die Bundesregierung ein Förderprogramm „Gewerbe zu Wohnen“ auflegen, mit dem leer stehende Büro- und Gewerbeimmobilien in bezahlbare und klimafreundliche Wohnhäuser umgewandelt werden sollten. Wegen des vorzeitigen Endes der Ampelkoalition wurde es aber nicht mehr umgesetzt.
Die vier Neubauten (1) In Nr. 16-10 wird das Hotel Präsident durch einen zehngeschossigen Neubau ersetzt, der "flexible Büroflächen für eine kommunikationsfördernde Arbeitswelt" vorsieht. (2) Das Gebäude des Landesschulamtes in Nr. 12-14 ist bereits durch das Motel One ersetzt worden, mit dem größten Haus der Kette in Deutschland.
(3) Das vom Stadtbaurat Werner Düttmann geschaffene Verwaltungsgebäude Nr. 4-10 ist bereits angeknabbert und niedergelegt worden, um ein 60m-Torhaus an der Ecke Kurfürstenstraße zu errichten. (4) Gegenüber an der Kurfürstenstraße Ecke Schillstraße entsteht bereits das zweite 60m-Torhaus. Das John-Jahr-Haus auf dem Grundstück des ehemaligen Constanze Pressehauses wird ein "Bürogebäude mit flankierender Wohnbebauung".
Mit dem Düttmann-Bau (3) verschwindet eine Ikone der Berliner Nachkriegs-Architektur, schmucklos aber mit hohem Denkmalwert. Eine Initiative von Fachleuten hatte sich dafür eingesetzt, das Verwaltungsgebäude zu ertüchtigen, es ließe sich vielseitig umnutzen, und ein Instandhaltungsstau sei kein Grund für einen Abriss. Die Schadstoffbelastung wurde von der Bauverwaltung als Abrissgrund dagegengehalten, und da der Bau Eigentum des Landes Berlin war, setzten sie die Neubebauung durch.
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Ein unvollendeter Kreis Zur 750-Jahr-Feier Berlins hat Frankreich der Stadt einen monumentalen stählerner Bogen geschenkt, der auf dem Mittelstreifen An der Urania aufgestellt wurde. An dem Geschenk beteiligt hatte sich die Fluggesellschaft Air France. Das Geschenk symbolisiert "den historischen Bogen, der mit der Luftbrücke während der Berlin-Blockade geschlagen wurde", auch wenn die Franzosen weniger mit Flugzeugen, als dem behänden Ausbau des Flughafens Tegel zur Rettung West-Berlins beigetragen haben. Die Mathematische Gesellschaft hat die Bogen-Skulptur wegen ihrer Symbolik zum Bogen der Luftbrücke 2018 zum "Mathematischen Ort" erklärt.
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Das Kunstwerk hat eine unvollkommene Rundung von etwas mehr als dem Drittel eines Kreises und bekam dadurch seinen Namen "Arc de 124,5°". Warum der Bildhauer dieses Maß gewählt hat, wird nicht erklärt. Wie weiterer ähnliche Werke mit 83,5°, 115,5° oder 205,5° handelt es sich um "Formeln des Irregulären" (Titel eines Werksverzeichnisses), die atypisch sind oder gegen Regeln verstoßen.
Der "Arc" ist 21 Meter hoch und wiegt 15 Tonnen, die durch einen verborgenen Betonquader aufgerichtet werden. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs das Kunstwerk ziemlich zu. Leidenschaftlich wurde darum gestritten, ob man die Bäume an beiden Seiten der Skulptur fällen dürfe. Als der Künstler gegen die Verwahrlosung der Skulptur protestierte, bekam die Achtung vor dem Geschenk Oberhand. Seitdem ist der Bogen wieder gut sichtbar, groß, anmutig, gerundet aber unvollkommen. --------------------------------------------------------------
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Genesungshilfe im Skulpturengarten
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