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Ein Bildwerk wie ein Alt-Berliner Kachelofen


Stadtteil: Tiergarten
Bereich: Großer Tiergarten
Stadtplanaufruf: Berlin, John-Foster-Dulles-Allee
Datum: 27. Oktober 2020
Bericht Nr.:715

Die Berliner und ihre Königin Luise, das ist eine Geschichte von Zuneigung und Verehrung. Mit ihrem einfachen und ungezwungenen Auftreten eroberte sie die Herzen der Bürger. Ihre mangelnde Bildung versuchte sie mit dem Studium literarischer und geschichtlicher Werke zu verbessern. Mit 10 Kindern - von denen sieben überlebten - boten sie und Friedrich Wilhelm III. das Bild einer kinderreichen, glücklichen Familie. Als Landesherrin im Exil während der napoleonischen Besetzung Preußens versuchte sie beherzt, bei einem Treffen mit dem Eroberer Napoleon Erleichterungen für ihr Land zu erreichen. Auch wenn dies nicht erfolgreich war, verstärkt diese Begegnung den Mythos der jung gestorbenen Königin.

Königin Luise, Luiseninsel
Die Schönheit und Anmut der angehenden Königin hat Johann Gottfried Schadow in einem Doppelstandbild zusammen mit ihrer Schwester Friederike eingefangen. "Die Gewänder der Prinzessinnen fließen leicht und unkonventionell an den Körpern entlang, zeichnen die Körperformen nach und geben das Dekolleté frei. Die Zartheit ihrer Bewegungen, die zufällige Beinstellung, die Berührung der Arme und die Leichtigkeit der Körperdrehungen lassen das Doppelporträt als eine private Momentaufnahme der Schwestern erscheinen", schreibt ein Kunsthistoriker. Das Weglassen königlicher Attribute und allegorischer Bezüge ließen die Distanz zur bürgerlichen Welt verschwinden, Luise war "eine von uns". Ihrem Mann, dem König, war die Darstellung zu sinnlich, er verbannte das Werk an einen nachrangigen Ort.

Im Großen Tiergarten wurde 70 Jahre nach ihrem Tod 1880 ein Marmor-Standbild der Königin Luise eingeweiht. Geschaffen hat es der Bildhauer Erdmann Encke, von dem auch das Denkmal für den Turnvater Jahn in der Hasenheide stammt. Luise strahlt in dieser Darstellung Würde und Ruhe aus. Der Sockel enthält Bilder aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Eine Sichtachse verbindet das Denkmal der Königin mit dem dreißig Jahre vorher gegenüber aufgestellten Standbild ihren Mannes König Friedrich Wilhelm III.

Wir beschäftigen uns heute mit den Standbildern und Denkmalen im Großen Tiergarten. Unser Skulpturenrundgang hat mit einer Strecke von fünf Kilometern in zwei Stunden einen idealtypischen Verlauf und bietet die Möglichkeit, in der Natur coronafrei durchzuatmen. Der Spaziergang beginnt am Schloss Bellevue und führt zunächst zum barocken Zeltenplatz, von dem strahlenförmig sieben nach Baumarten benannte Alleen in den Park ausstrahlen. Seinen Namen hat der Platz von den ab 1745 im Sommer aufgestellten Zelten für die Bewirtung von Spaziergängern.

Figuren der Neuen Königsbrücke
Unsere erste Station sind die Figuren im Umkreis des Zeltenplatzes, die früher auf der Neuen Königsbrücke standen. Königsbrücke? Am Alexanderplatz fährt heute die Stadtbahn auf dem Geländestreifen, auf dem die abgebrochene Stadtmauer stand und die Königsbrücke über den Festungsgraben führte. Die Brücke bildete ein Ensemble mit den Königskolonnaden, die beim Abbruch ebenso ihren Stammplatz verloren wie die Figuren auf der Brücke selbst. Die Kolonnaden fanden eine neue Heimat im Kleist-Park in Schöneberg, die Figuren der Brücke stehen heute im Tiergarten. Ein Teil der Standbilder - vier Kriegergruppen - war zunächst zur Alsenstraße verbracht worden, wo sie den Germania-Planungen der Nazis im Wege standen, das Alsenviertel wurde deswegen komplett abgeräumt. Heute stehen sie nahe dem Zeltenplatz an der Rüsternallee beidseits der Wasserfläche.

Die allegorischen Sandsteinskulpturen der Ströme Weichsel, Oder, Elbe und Rhein sind im Halbrund um einen Brunnen am Großen Fürstenplatz im Tiergarten aufgestellt. "Jede Figurengruppe besteht aus einer sitzenden Mittelfigur, die den jeweiligen Strom darstellt. Die Skulptur des Stroms wird von zwei kleineren seitlichen Kinderfiguren flankiert, die mit ihren Beigaben den Strom genauer charakterisieren", erläutert eine Infotafel.


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Die Figuren waren stark ramponiert durch Kriegs- und Vandalismusschäden, sind aber inzwischen vollständig restauriert worden. Auch die Kriegergruppen hatten Beschädigungen, nur an der Figurengruppe "Der verwundete Krieger" wurden sie nicht beseitigt. Ihm fehlt immer noch der Kopf, aber das ist vielleicht mit Hintersinn so belassen worden. Die anderen drei Gruppen haben die Themen "Der Kampf" (Erstürmung einer Schanze), Abschied des Kriegers von seiner Familie und "Glückliche Heimkehr".

Abgeholzt
Der Tiergarten war ein Jagdgebiet der Kurfürsten, bis Friedrich der Große ihn durch Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zu einem "Lustpark" für die Bevölkerung ausbauen ließ. Peter Joseph Lenné gestaltete ihn später zu einem Landschaftspark nach englischem Vorbild um.

Ein Bild des Bundesarchivs von 1946 zeigt den baumlosen Zustand des Parks, nachdem die Berliner in den direkten Nachkriegsjahren aus blanker Not die Bäume abgeholzt und als Brennholz verwendet haben. Danach wurde mit Pferd und Pflug der Boden bearbeitet, um Gemüse anzupflanzen. Im Jahr 1949 begann die Stadt mit der Wiederaufforstung, viele andere Städte halfen mit insgesamt 250.000 Baumspenden.


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Die Stele "Baumdank" und ein Gedenkstein für den Sauerländischen Gebirgsverein als Spender erinnern im Park an die großzügige Hilfe. Auch der Englische Garten entstand aus 5.000 Baumspenden von König Georg VI. - dem Vaters von Königin Elisabeth - und britischen Bürgern. Außenministers Anthony Eden weihte den Englischen Garten 1952 ein, seitdem war die Anlage für die Berliner der "Garten Eden".

Beethoven-Haydn-Mozart-Denkmal
Das Bildwerk steht da wie ein Alt-Berliner Kachelofen, fanden die Berliner beim Anblick des Beethoven-Haydn-Mozart-Denkmals und nannten es "Musikerofen". Rudolf Siemering, der der Berliner Bildhauerschule angehörte, hat es geschaffen, genau wie das Standbild der heiligen Gertrud auf der Gertraudenbrücke. Die drei Seiten des Komponistendenkmals zeigen Mozart, Haydn und Beethoven. Die Figuren sind halbplastisch aus dem Marmor herausgearbeitet. Mozart wird mit einer typischen Geste "aus dem Stehgreif komponierend" gezeigt. Haydn ist als gealterter Mann dargestellt, Beethoven als "brodelndes künstlerisches Genie".

Lortzing-Denkmal
Das Standbild Albert Lortzings zeigt den Komponisten mit einem Stapel Notenblätter in der einen und einer Feder in der anderen Hand. Die nahezu plastischen Putten auf dem gerundeten Sockel weisen auf seine Opern hin: "Der Waffenschmied" mit Lederschürze und Hammer; aus "Undine" der Kellermeister als Bacchus; "Zar und Zimmermann"; "Wildschütz"; "Hans Sachs".


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Rosengarten
Vor mehr als 110 Jahren wurde der Rosengarten angelegt. Im Jahr 2005 hat frau ihn nach Wiederherstellung eingeweiht, Bausenatorin und Baustadträtin pflanzten je eine Rose. Im Garten sind jetzt 1.100 Rosen, 120 Sträucher und Kletterpflanzen und 5.000 Stauden und Gräser vorhanden. Aus dem Jahr 1796 datiert das Standbild einer Frauenfigur mit einem kecken Knaben an ihrer Seite im Rosengarten. Beide sind mit Standbein und Spielbein dargestellt und halten in einer Hand eine Frucht, auf die sie schauen. Dargestellt ist Flora, die römische Göttin der Blüte. Vielleicht ist es auch Pomona, die römische Göttin der Baumfrüchte, wir müssen das nicht entscheiden. Sie stand früher auf dem Floraplatz, der jetzt von einer Amazone zu Pferde eingenommen wird.

Floraplatz, Amazone zu Pferde
Die Amazone zu Pferde vom Floraplatz ist eine Nachbildung des Reiterinnenstandbildes neben der Alten Nationalgalerie. Das Gegenstück - eine männliche Reiterfigur - des Bildhauers Louis Tuaillon steht auf dem Steubenplatz ("Der Sieger"). Mehrere Tierskulpturen rund um den Floraplatz (u.a. "Liegender Bison", "Liegender Elch") sind von Rudolf Siemering modelliert worden, der auch das Komponistendenkmal gestaltet hat.

Weitere Kunstwerke
"Der Sieger", eine Bronze von Wilhelm Wandschneider, 1906 auf der Großen Berliner Kunstausstellung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, 1942 als kriegswichtiges Material eingeschmolzen, blieb dennoch Sieger: Jetzt steht er als Neuguss auf einem Ponton im kleinen Tiergartenteich.

Es lohnt sich nicht, der Großen Querallee bis zum Gelände des Gartenbauamts zu folgen. Die beiden Denkmale im Innern des Betriebsgeländes sind nicht zugänglich und von der "Winzerin" vor der Absperrung ist nur der Sockel mit einem verbogenen Metallstück übrig.

Ein Blitzschlag
Im August 1889 hatte Kaiser Wilhelm II. den österreichischen Kaiser Franz Joseph I. zu Besuch. "Vier Ulanen vom 2. Garde-Ulanen Regiment ritten die Straße hinter den Zelten entlang, als ein Blitzstrahl zwischen ihnen hineinfuhr. Im nächsten Augenblick wälzten sich die Reiter und Pferde an der Erde", berichtete eine Zeitung. Für den Gefreiten Will ging es bös aus, er und sein Pferd überlebten den Blitzschlag nicht. Wohl wegen des kaiserlichen Gastes wurde das Ereignis durch einen Gedenkstein an der John-Foster-Dulles-Allee gewürdigt, der auch nach 131 Jahren noch unverrückbar an seinem Platz steht.

Als die Goldelse am Großen Stern sichtbar wird, ist unseren Rundgang vollendet.
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Unsere Route:
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Quelle: Bildhauerei-in-Berlin.de


Innenansichten von drei Epochen
Enttrümmern und einen Baum pflanzen