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An der Kante


Stadtteil: Marzahn-Hellersdorf
Bereich: Kaulsdorf
Stadtplanaufruf: Berlin, Alt-Kaulsdorf
Datum: 13. Juli 2010

Kaulsdorf ist der vorletzte Ort, den man in Berlin auf der Bundesstraße Richtung Frankfurt/Oder mit dem Auto in wenigen Minuten durchquert. Kaulsdorf ist auch ein verträumtes Dorf, in dem es nicht überall Bürgersteige gibt.

Die Eiszeit hat in Berlin tiefe Spuren hinterlassen. Das abfließende Gletscherwasser schuf ein Urstromtal, das bis nach Warschau reicht. Zwei Höhenzüge umschließen diese Rinne, in der die Spree fließt: im Norden bei Kaulsdorf der Barnim, im Süden der Teltower Höhenzug. Berlin hat sich von der Spree aus auf diese Höhen ausgedehnt, deshalb gibt es im Stadtgebiet Berge wie den Prenzlauer Berg oder den Kreuzberg (Tempelhofer Berg).

Berliner Balkon
Irgendwo muss ja die Kante zu finden sein, an der die Barnimer Platte sich zum Urstromtal absenkt, aber meist ist sie verbaut. Nur an einer Stelle ist der Geländesprung sichtbar und auf einem Wanderweg in Kaulsdorf/Mahlsdorf als "Berliner Balkon" gekennzeichnet. Man darf keinen jäh abfallenden Hang erwarten, sondern ein abschüssiges Gelände, das auf kurze Distanz 15 Meter Höhenunterschied überwindet. Der Wanderweg ist hier gepflastert, die Höhenpunkte sind durch Stelen markiert. Steht man oben an der Bundesstraße auf dem "Balkon", so ist von den Häusern der unter dem Hang verlaufenden Straße nur ein Teil der Dächer zu sehen. Auf Kaulsdorfer Seite heißt diese Straße so schön "Am Niederfeld", der Besuch hier ist geologischer Anschauungsunterricht am Rande der Großstadt.

Bahnhof Wuhletal
Mit der S-Bahn sind wir bis Wuhletal gefahren und haben dort am Bahnhof eine für Berlin einzigartige Entdeckung gemacht: An demselben Bahnsteig hält auf einer Seite die S-Bahn, auf der anderen Seite die U-Bahn. Die Züge werden unterschiedlich abgefertigt, mit ein paar Schritten kann man auf derselben Platform die unterschiedlichen Logos und Anzeigetafeln der beiden Berliner Verkehrsbetriebe miteinander vergleichen. Und man steht auf dem längsten U- Bahnhof Berlins, da er sich nach der Zuglänge der S-Bahn richtet (160 Meter, sonst um 100 Meter). Auf dieser Linie nach Hönow, deren Verlängerung von der DDR erst kurz vor der Wende fertig gestellt wurde, gibt es am U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz eine weitere Besonderheit: er wurde auf einem fünf Meter hohen Damm errichtet, was für die U-Bahn unüblich ist. Und noch ein Höhepunkt: mit 1,9 Kilometern liegt zwischen Tierpark und Briesdorf-Süd der längste Berliner Streckenabschnitt zwischen zwei Bahnhöfen auf dieser Linie.

Dorfkirche, Himmelsbräute
Wir laufen die Dorfstraße entlang zur Dorfkirche. Im Museum der Kaulsdorfer Dorfkirche sind interessante Zeugnisse eines anrührenden volkstümlichen Brauches ausgestellt: ledig verstorbene Mädchen und Frauen, wurden als Himmelsbräute bestattet, für ihre Ersatzhochzeit gab man ihnen Braut- oder Totenkronen mit ins Grab. Später wurden die Totenkronen nicht mit bestattet, sondern in den Kirchen als Schmuck aufgehängt oder in Glaskästen, teilweise auf Kissen präsentiert. Die Kronen wurden mit farbenfrohen Seidenbändern geschmückt, die ihnen ein fast heiteres Aussehen gaben. Diese archetypische Totenhochzeit wurde als heidnischer Brauch ab Mitte des 19.Jahrhunderts von den Kirchen nicht mehr gern gesehen, verfallene, zerlumpte und verstaubte Totenkronen in den Kirchen wurden als unpassend empfunden. So verschwand der Brauch und der Kirchenschmuck, nur auf manchen Dachböden der Kirchen konnte man noch Reste davon finden.

Dorfstraße
Verträumt, fast verschlafen liegt der Ort bei unserem Spaziergang auf der Dorfstraße da, kaum ein Auto fährt zwischen den renovierten alten Bauernhäusern entlang. Die Wuhle begrenzt das Dorf, sie steht mehr als sie fließt an diesem extrem heißen Tag. Der Blick nach Westen geht über das Grün des Wuhletals bis zum Horizont. Und dann kommt der Schock: Die Dorfstraße trifft auf die Bundesstraße nach Frankfurt/Oder, mehrspurig in beiden Richtungen Autos und Lärm und Abgase. Die Häuser an der Bundesstraße sind verwaist, hier ist weder zum Wohnen noch für Gewerbe der richtige Platz. In einem Hinterhof Garagen, amerikanische Autos und eine Stretchlimousine stehen hier herum.

Streusiedlung Mahlsdorf
Aber wir haben noch ein Ziel: eine Fast-Gartenstadt, die Streusiedlung Mahlsdorf, für die Bruno Taut die Typenhausentwürfe geliefert hat. Er zog einzelne Gebäude aus der einheitlichen Baulinie heraus, um einen gefälligen Gesamteindruck zu schaffen. Die seitlichen Eingänge direkt an den Hausecken versah er mit einer Ziegeleinfassung und verband die seitlichen Fenster mit stufenförmigen Betongesimsen. An den Frontseiten zieht sich das Gesims über einen Eckvorsprung herum. Eine Lösung, die ungewöhnlich, aber gestalterisch nicht überzeugend ist und von den Bewohnern auch nicht angenommen wurde. Die Folge ist, dass an fast jedem Haus unterschiedliche Eck-Umbauten und Ergänzungen vorgenommen wurden, die die Sache auch nicht besser machen. Nur am Frettchenweg wurde ein Haus originalgetreu wieder hergestellt. Frettchen? Das sind Iltisse, sie vertreiben Kaninchen aus ihrem Bau, auch zur Bekämpfung von Ratten sind sie geeignet. Der Straßenname fügt sich ein in nach Hamster und Wiesel benannte Querstraßen.

Ein Landhotel mit Restaurant direkt an der Bundesstraße mit Ausblick auf den "Berliner Balkon" bietet den müden, hungrigen vor allem aber durstigen Stadtwanderern die Möglichkeit, nach dem Essen mit neuen Kräften den Rückweg zum S-Bahnhof Mahlsdorf zu finden. Interessant, wie die aufgelockerte Bebauung an der Nordseite der Bundesstraße und die offene Landschaft südlich davon den Autoverkehr unauffällig, zumindest erträglich macht.

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Unsere Route:
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In Berlin sind auch die Gärten interkulturell
Das größte Gemälde der Welt